Ausgesägt

Only bad news are good news

Am frühen Morgen lese ich immer meine Lieblingszeitung. Das ist die DNN. Schon seit Jahren. Auf mein besonderes Interesse stoßen dabei die immer sehr gut recherchierten Artikel aus der Sächsischen Schweiz von Silvio K. Als ich so richtig in die Lektüre vertieft bin, klingelt es plötzlich an der Wohnungstür. Ich schrecke hoch und betätige den Knopf der Freisprechanlage. Ich höre die Stimme von Alex Novakowitz und die Frage: Wo bleibst du denn? Erschrocken schaue ich auf das Display meines Mobilkommunikators. Der zeigt mir 8:35 Uhr und den 27.11.2025 an. Mist, dann hatte die Alarmfunktion wieder einmal versagt. Muss mir wohl tatsächlich ein eiFön 14 zulegen. Die sollen besser funktionieren (Made in Germany eben). Schnell werfe ich die Tarnjacke über und schnappe mir die Motorsäge. Heute ist doch mein ganz besonderer Tag.

abgesägt

abgesägt

Ich darf mit einem Aktivisten der sogenannten Stiegenfreunde ein Stück Weg in der Kernzone des Nationalparks Sächsische Schweiz freisägen. Den Aufnahmeantrag zur Interessengemeinschaft hatte ich bereits vor drei Monaten gestellt. Leider geht das jetzt nicht mehr so einfach wie vor 10 Jahren. Damals schickte man eine Mail mit dem formlosen Antrag auf Mitgliedschaft und schon war man drin. Also in der IG. Und durfte dann in deren Forum posten, wie einem der Schnabel gewachsen war. Zwar griff in seltenen Fällen auch mal ein Moderator ein, aber die Wortgewaltigen gewannen schnell die Oberhand. Heute muss man sich die Mitgliedschaft mit schwerer körperlicher Arbeit verdienen. Den Kleinen Winterberg hatten die sogenannten Stiegenfreunde bereits vor Jahren abgeholzt. Wir müssen also heute ein Stück weiter. Nach kurzer Entschuldigung bei Alex steige ich in seinen Wagen und wir fahren los. Im Kirnitzschtal treffen wir weitere Aktivisten, die alle einen Novizen im Schlepptau haben, der sich heute beweisen soll. Der Anmarschweg ist weit. Wir sollen in den Partschenhörnern einen Teil des alten Auerhahnsteigs freisägen. Zum Glück ist der Dieselpreis letzte Woche unter 50 Cent pro Liter gefallen. Nach dem VW-Skandal wurden ja kaum noch Diesel-PKW verkauft. Das hatten sich die Hersteller der Motorsägen zu Nutze gemacht. Am späten Vormittag erreichen wir unser Basislager. Da im November die Tage kurz sind, werden wir es uns heute Abend am Lagerfeuer gemütlich machen und die Arbeit am nächsten Tag fortsetzen. Ich soll allein 50 Meter  freisägen. Das wird schwer. Leider spielt das Wetter heute nicht so recht mit. Es wird dunkel. Also muss der Rest am nächsten Tag erledigt werden, wie meine Wanderung über das Prebischtor. Also oben drüber. Vom Grenzweg aus. Mal sehen, ob das am morgigen Tag alles zu schaffen sein wird. Wir zünden unser Lagerfeuer an. Genügend Holz ist ja vorrätig. Als wir so schön gemütlich zusammensitzen, hören wir plötzlich Geräusche. Da wird doch nicht etwa einer der letzten beiden verbliebenen Ranger des Nationalparks die Polizei gerufen haben? Mit der 2016 gegründeten Antiterrorbrigade der Bereitschaftspolizei ist nicht zu spaßen. Unmittelbar hinter mir klingt es, als würde gerade jemand seine Waffe entsichern…
Schweißgebadet schrecke ich hoch. Ein Albtraum. Aber was für einer. Zur Sicherheit schaue ich noch schnell auf die neue DNN, die meine Frau gerade aus dem Briefkasten geholt hat: 27.11.2015! Alles nur geträumt?

So etwas passiert eben, wenn man kurz vor dem Einschlafen einen Artikel liest, wie den von Silvio K. Zitat:…Jedenfalls wollte ein Wanderer anscheinend Fakten schaffen. In der Kernzone setzte er die Kettensäge an, um einen ehemaligen und stillgelegten Weg zum historischen Jagdpavillon auf dem Kleinen Winterberg wieder begehbar zu machen… Bei ihm soll es sich nach DNN-Information um Axel M., einen Aktivisten der sogenannten Stiegenfreunde handeln…. In der Kernzone darf man sich nur auf den gekennzeichneten Wanderwegen, Bergpfaden und Kletterzugängen bewegen, um den scheuen und geschützten Tieren Rückzugsräume zu belassen. Allerdings sind Verstöße gegen dieses Gebot keine Einzelfälle, wie die Nationalparkverwaltung immer wieder feststellen muss. So kam es allein in diesem Jahr wiederholt zu Waldbränden durch illegale Feuer. … (Zitatende)

lagerfeuer

Reste eines Feuers auf dem Dastellochturm

Das muss ja beim geneigten Leser assoziieren, dass solche Säger auch Feuer legen. Oder kann beim Sägen mit der Kettensäge vielleicht sogar Funkenflug entstehen und der entfacht dann das Feuer?

Neben dieser Frage stellen sich mir noch zwei andere: Wie wird man eigentlich Aktivist bei den sogenannten Stiegenfreunden? Und woher bekommt der Journalist diese Insiderinformationen?

Nun wollen wir mal nicht mit Steinen werfen, wenn wir im Glashaus sitzen. In unserem Forum werden von manchmal nur Wortgewaltigen Diskussionen geführt, die an Beleidigungen grenzen (aktuell gelöscht). Durch Taten, wie zum Beispiel die Teilnahme an einem unserer Arbeitseinsätze, oder durch konstruktive Vorschläge zur Gestaltung der IG-Tätigkeit auf einem unserer jährlichen Treffen, sind mir diese ‚Stiegenfreunde‘ noch nicht aufgefallen. Auch würde ich mir bessere eigene Recherchen wünschen, ehe ich aus dem Bauch heraus poste. Aber das ist nur meine persönliche Meinung, vielleicht eine auf dieser Seite eher spezielle Ansicht…

6 Gedanken zu „Ausgesägt

  1. Nach langer Überlegung ein seltener verspäteter Beitrag zum Thema (trotz Befangenheit). Ganz nach Uwe Steimles Welt (oder nationalen) -kulturerbe Heimat sollte es Eingriffe mit Schere, Stichsäge, Sichel, Sense, Stangensäge, Kettensäge u.u.u. bei genannten 45 historischen Objekten geben. Kleindenkmalen (Kreuze, Forststeine, Wegesäulen, Postsäulen, Grenzsteine, Kriegsdenkmale), Stufen und Treppen, Trockenmauern, Grabmälern, Kur- und Wanderwegen, Boofen, Kapellen, Kirchen, Schlössern, Burgwarten und deren Ruinen, Wallgräben, Forst- und Eiskellern, Telegraphenstationen,Kolonnenwegen, Hohlwegen, Hochmooren, Wiesen, Xerothermrasen, Sitzplätzen, Aussichtspunkten und -türmen, Kirchsteigen, Eselswegen, Fastwegen, Mühlgräben, Mühlen, Kunstgräben und Stollen, Teiche, Bäche, Quellen, Parks, öhlen, Meiler- und Teerofenorte, Forsthütten u.v.m.

    Dieser Artikel soll nur den vernebelten Geist einiger Bürokraten wachrütteln und ist kein Aufruf zur Selbstjustiz (Freiheit die der Verblödung frönt,motivierte längst zum Diktat des Staates).

    • …damit, die Benutzer der Rechner nach Ihrem Ausruf “Gates oder Gates nicht?” davon zu überzeugen, dass es meistens doch irgendwie Gate. Mit Schreiben hat das meist nichts zu tun, rein gar nichts.

  2. Öööööhhh! Nicht nur, dass du schneller warst, hast es auch noch besser geschrieben als ich es noch im Kopf hinundher gewendet habe. (obwohl ich vielleicht nicht ganz so bissig gewesen wäre, aber trotzdem Klasse) 🙂

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