Drei Tage im Zentralmassiv (3/3)

So, zur Erinnerung. Ziel der 3 Erkundungstage war nicht nur, den Brot- und Bierumsatz in Schmilka zu steigern, sondern abgelegenere unbekannte Stellen zu besuchen und mögliche Wege zu erkunden.

Zu einer solchen Stelle gehört auch der Bereich um den Elbtalwächter, wo in der neuen kein ElbtalwächterSchrammsteinkarte von Rolf auf dem interessanter aussehenden Weg zwei “!!” prangen. Um nun eventuell mal vom Zahnsgrund auf dem Haldenweg bis Schmilka zu gehen, dachte ich, wäre es schön, dort am Elbtalwächter vorbei zu gehen. Und da wäre es gut zu wissen, ob die “!!” begehbar sind. Karsten war schon mal dort, ist aber nur links am Turm vorbei. Also selber nachschauen. 

Wir starteten am Holzlagerplatz und wollten in der ersten Kehre des Aspenbloßweges nach links abzweigen. Die Punktreihe etwas oberhalb vom Fahrweg schien uns schöner zu laufen, brachte mir aber auch den bedrückenden Eindruck, dass das heute nicht mein Tag wird … das Laub war trocken. Das war auch so gewünscht und wir hatten extra bis Sonntag gewartet, weil Freitag noch Schneeregenschauer übers Land gezogen waren. Der geplante Weg sollte recht steil nach oben führen und da wäre nasses Laub ja auch nicht so toll. Aber man lernt nie aus. Das Laub war tatsächlich schön abgetrocknet und lag in lockerer Schicht dick auf dem Pfad. Und weil ja gar kein richtiger Winter gewesen war, ist das Laub kein bisschen verrottet, sondern es lag da dick, luftig und locker da. Und wenn man nun auf dieses “Daunenbett” drauf trat, dann wirkten die vielen Luftschichten zwischen den trockenen glatten Blättern wie Schmiermittel. Mein Gott, das war rutschiger als im Herbst, jeder Schritt hatte ein paar unkontrollierte Millimeter in irgendeine Richtung. Wie auf Murmeln. Das hat mich so verunsichert, dass es mir zum 3Z-Weg wurde – Zittern-Zetern-Zentimeterweise. Am Felsfuß wurde der Pfad noch schmaler und steiler – warum mach ich das eigentlich? 

zwei Ausrufezeichen am ElbtalwächterAch ja, ich wollte die “!!” suchen und dazu wollten wir links am Elbtalturm hoch auf die nächste Felsstufe, um direkt am Turm vorbei wieder zum Aspenbloß zu kommen.

Nun standen wir aber erstmal unter der unteren Felskante, die sich soeben nach rechts öffnete und einen noch schmaleren Pfad nach oben erkennen ließ. Laut Karte die Schlucht, die dann in Verlängerung zum Teufelsturm hoch zielt. Geradeaus gänge es wohl weiter zum Haldenweg. Also rechts hinauf, aber sowas von hinauf! In der nächsten halben Stunde haben wir sicherlich beachtliche 30m zurückgelegt. Können auch 40m gewesen sein, aber dann wars auch mehr als eine halbe Stunde. Verdammte Sch…..! So steil hatte das der Karsten aber nicht beschrieben. Hier kann der unmöglich runter”gelaufen” sein. Oder sind wir nur Weicheier? Eine Art Pfad war noch insoweit zu erkennen, wie man es eben sieht, wenn mal ein Karnickel da lang gehoppelt ist …und überall dieses Laub … bis ich dann endlich entdeckt habe, dass ich den Fuß nicht oben drauf setzen darf. Unten auf dem Boden langschlurfend den Schuh unter das Laub schiebend, so hatte man etwas Kontakt zur Erde, aber trotzdem wurde der Zweifel immer größer … Karte rausholen. 

So, hier vor uns geht ein breiter Einschnitt den Hang hoch, wie in der Karte. Links der ElbtalwächterScharte sind die Felsen etwas weiter zurückgesetzt, wie in der Karte. Rechts ragen sie etas weiter vor, wie in der Karte. Und rechts auf dem Riff eine beachtliche Zacke (Elbtalwächter?), wie in der Karte. Aber trotzdem, irgendwas stimmte nicht und ein paar weitere, schwer erkämpfte Meter höher war auch klar was. Die Scharte war oben zu … boooaahh, nöö, nich wieder runter! Karte raus und Kopf kreiseln lassen. Nee nach oben raus war nichts zu machen. Mindesten 8m Wand. Inzwischen wirkte auch die Zacke rechts nicht mehr wie ein Kletterfelsen. Dafür hatten wir nach links endlich soviel Durchblick, dass das Ding zwischen den Bäumen sehr deutlich nach Elbtalwächter aussah. Wir waren also rechts desselben und zu früh rechts abgebogen. Aber wieso? Ganz einfach – die Landschaft stimmte nicht mit der Karte überein. Das kann passieren, in einem Gebirge, das ständiger Veränderung unterworfen ist.

Na gut. Zumindest wussten wir jetzt ungefähr wo wir standen, denn eines der “!!” war links von uns, was wenigstens auf die Flucht nach rechts hoffen ließ. An dem “!!” wäre ich wahrscheinlich sowieso gescheitert, ich wollte es aber auch gar nicht mehr aus der Nähe begutachten. Rechts war am “Weg” ein schwarzes Dreieck und man konnte ihn auch als solchen erahnen. An der Klippe schöne Aussicht zum Fluss. Um die Ecke rum und … nein … schon wieder wird der Weg so gruselig schmal und verschwindet im Laub. Also jetzt hab ich nicht nur die Hose, sondern auch die Schnauze voll. Ich bin keine Gemse, holt mich hier raus! Der rettende Wanderweg unten im Bloß ist schon zu sehen … nur noch an diesen senkrechten Absätzen hier vorbei … bis zu dem durchgehenden Hang … noch warten bis die Touris unten vorbei sind … müssen die ja nicht sehen … wie dieser offensichtlich übermütige Mensch … fern der Hauptwege … würdelos auf dem Hosenboden die letzten 30m zurücklegt. Zum Glück ist das trockene Laub schön rutschig … uff, uff, uff, geschafft … fester Boden.

was das dennSo, der Tag war gelaufen. Durchs Rauschentor mit den seltsamen Wegezeichen gings noch, aber die Starke Stiege konnten wir getrost links liegen lassen. Die war mir schon mal zu steil und heute war sie bestimmt noch steiler. Dann eben nochmal die Rotkehlchen hoch. Dort machten sich die 4- bis 5-jährigen Kinder in der alternativen Müttergruppe zwar ganz gut. Aber beim Anblick so eines gänzlich ungesicherten Aufstieges war mir doch nicht ganz wohl. Vielleicht bin ich aber auch einfach schon zu alt.

Na gut, wenn wir einmal hier oben stehen und die Sonnen so schön scheint, dann können unterer Terrassenwegwir dem Tag auch noch eine Erfahrung hinzufügen. Zumindest zum Gucken sollte der inwischen nachgewachsene Restmut ausreichen. Also Oberen Terrassenweg in Richtung Heilige Stiege. Oooch, schön, fester Weg, tolle Aussicht, ein Mann mit japanischer Freundin überholt uns an der hübschen Klippe, wir rasten und fragen zwei da rumstehende Kletterfreunde: Gehts hier links um die Ecke weiter? Ja, meinten sie, aber da wäre es etwas ausgesetzt. Sie lächeln freundlich. Ganz schön ausgesetzt, ergänzen sie. Soso, da kommt eben der Mann mit der japanischen Freundin wieder zurück um die Ecke. Oho, denken wir, war wohl zu ausgesetzt. Nun müssen wir selbst mal gucken – verdammte Sch…., jetzt reichts mir aber endgültig. Ich wusste es von Anfang an – Nicht mein Tag.

Mühle Schmilka

Ende gut – Alles gut

Jetzt will ich nur noch runter, … aber wenigstens noch die Bussardboofe mal angucken. Der Weg war zu finden und zu schaffen, aber trotzdem eine gewisse Enttäuschung. Außer dem schönen Ausblick vom wirklich schönen Balkon gefällt mir da gar nichts. Schlechte Matratzen, ziemlich zugig, keine Morgensonne und die sanitären Zugänge sind mit einem guten Roten nicht vereinbar. Kann man vielleicht mal als etwas ruhigeren Rastplatz einplanen, aber nun wirklich runter und die bitteren Erfahrungen mit einem süßlichen Bernstein runterspülen.

6 Gedanken zu „Drei Tage im Zentralmassiv (3/3)

  1. Lieber Rolf, keine Sorge, da ist keine Entschuldigung nötig. Die !! und Wege waren ganz korrekt verzeichnet und wenn sie unter den Laubmassen nur mit Röntgenaugen zu erkennen sind … egal. Dass wir im weglosen Hang strampelten lag nicht an falschen Wege-Strichen, sondern am durchgehenden Wand-Strich. In der Karte geht der untere Pfad vom Aspenbloß an einer geschlossenen Wand entlang, bis sich rechts die Elbtalwächterscharte nach oben öffnet. Wir gingen an der Wand entlang und in der ersten Scharte rechts hoch … 😉 nur das war eben nicht die am Elbtalwächter, sondern ca. 100m vorher. Wir kamen also schon rechts vom rechten !! raus. Das Laub war dort aber einfach das größere Problem und so bleibt fest zu halten, dass, wer nicht Dringliches dort zu tun hat, einfach woanders langgehen soll.

    Und ja doch, ich bin inzwischen in dem Alter, dass ich die Entscheidung, auf ein Risiko zu verzichten, als Weisheit erkennen kann 🙂 Aber bei besseren moralischen Bedingungen schau ich mir die Stelle sicher nochmal an. Vielleicht auch von der anderen Seite, denn nach meinen Erfahrungen macht manchmal allein die Blickrichtung einen Unterschied. Und der Anblick aus der beschriebenen Richtung war schon beeindruckend. Ging ja quasi von 0 auf 100 in drei Schritten. Der Weg selbst sah da auch gar nicht so schlimm aus, aber der Abgrund hat ja die Augen stets nach rechts gezogen 🙂

  2. Gleich Karte rausgeholt, Andreas und nachgeguckt. Bei meiner Begehung zur 8. Auflage bin ich anders gegangen. Von den Steinbrüchen über die 84c die „Teufelsturm-Schlucht“ hoch und dann nach halbem Aufstieg rechts rüber in die Elbtalwächter-Scharte. Dort habe ich die Laubmassen noch in Erinnerung und genau dafür gab es das !!. Dann auf Elbtalwächter-Fußniveau durch die Scharte und rübergequert zum Aspenbloß. Da nochmal Laubmassen und „!!“. Der Weg unten stammt aus früheren Begehungen, den bin ich diesmal nicht lang, und das ist wirklich ein kartiermäßiges Restrisiko: Dass wenn Weg rechts 2000 als begangen erfasst und Weg links 2010 als begangen erfasst es in der Karte so aussieht, als ob du da voll durchkommst, in Wirklichkeit da aber niemals jemand durchgekommen wäre, weil da 2000 links und 2010 rechts Unpassierbarkeit herrschte. Da muss ich dich um Entschuldigung bitten. Passiert. Bei Aktualisierungen gehe ich nur etwa 20 %, beim Rest gucke ich nur grob, ob es reingeht, so kleine Dinger „müssen sich auch mal kümmern“.

    Noch zwei redaktionelle Anmerkungen.

    „!!“ bedeutet wirklich ordentlich „ausgesetzt“ und damit eben „gefährlich“. Daneben führe ich in den Feldbüchern auch ein „!“ mit, was „leicht ausgesetzt“ bedeutet, typisch Idagrotte oder Rotkehlchenstiege, das kommt aber nicht in die Karte. Würde nur Verwirrung stiften, Klettertypen würden es als Käse empfinden und das ganze Gebirge vor „!“ nur so wimmeln, was ängstlichen Typen auch nur die Info gäbe, es ganz sein zu lassen.

    Die Pfadspur lang gepunktet . . . . . ist wirklich kein Pfad mehr, das mit Vorsicht genießen. Es kann da immer sein, da ist nichts mehr. Streng genommen gibt es die Pfadspur in zwei Fällen, a) bei andauernder leichter Ausgesetztheit (etwa dreimal „!“), b) wenn man durchkommt, aber kein Weg erkennbar ist, sog. „Durchgang im Gebirge“. Drittens bin ich aber auch manchmal bissl such- und kartierfaul und missbrauche die Pfadspur. Manchmal bist du da an einer Stelle im Gelände, wo du weist, hier ging der Pfad doch immer weiter, aber es ist wie verhext, du findest das Ding nicht. Da mache ich dann manchmal aus dem Pfad einfach ein stück Pfadspur ohne es genau aufzuklären – und Feierabend.

    Zu der Japanerin-Stelle: Ich hatte da letztes Jahr eine größere Gruppe ohne Vorkenntnisse da entlanggeführt. Da musst du natürlich jedem die Option geben zurückzukehren, und auch dafür sorgen, dass auch nur ein Einzelner, der sich das nicht zutraut, Rückbegleitung hat. Keine Gruppenzwang. Aber, umso schöner war es aber dann für uns alle, als alle da durch waren. Übrigens hatte ich da selber fast den meisten Muffengang. Ging aber doch überraschend gut. Die Stelle hat den Charme viel schlimmer auszusehen, als sie es ist. Wo du denkst, jetzt wird es noch schlimmer, bist du schon durch. Es sind wirklich nur drei Meter, und da hast du Super Eisen für die Hände. Schlimmmer sind die vermeintlich leicht aussehenden Stellen, die es dann doch in sich haben. Kannst es evtl. nochmal probieren. Dessenungeachtet alte Free solo Regel beachten: Sack aufhängen ist im Zweifelsfall nie falsch und immer richtig. Der Ritus des „Sack Abholen Müssens“ ist lebensgefährlicher Mist.

    Herzliche Grüße

    Rolf

    • Hallo Rolf, dieser sehr “offen” geschriebene Beitrag & deine nett geschriebene Handhabung gefällt mir sehr gut, z.B. „Sack Abholen Müssens“ ist lebensgefährlicher Mist.” …

      Hinweis zu unserer letzten Tour Patrouillenweg : da fehlt der gelb – gepunktete Weg von Königstein nach Hütten – oder habe ich da deine neueste Karte noch nicht …. ?

      Danke für deine herrlichen Karten M: 10.000 – Jochen

  3. Schön beschrieben, deine Erfahrung mit dem lockeren Laub hatten wir dort auch.
    Am Elbtalwächter selbst ging es dann aber.
    Die Pfade sind allerdings wirklich sehr schmal dort……..

  4. Schade, dass Du den Weg nicht gefunden hast. Vermutlich war es von oben her einfacher … Bei Gelegenheit schaue ich mir das noch mal an.
    Die Zeichen am Rauschentor: links Symbol Kletterzugang – ist klar. Rechts Klettermarkiereung – links erlaubt, rechts verboten. sieht man an einigen Stellen im Elbi.
    Und: Gut, dass Du Dir nichts angetan und heil nach Hause gekommen bist!

    • Na aber das würde ja bedeuten, dass rechts von dem Zeichen an der langen Wand nirgends ein Kletterweg beginnen dürfte. Jedenfalls nicht vom Waldboten aus. Das kann ich mir nicht vorstellen, hab doch dort auch mindestens einen Ring gesehen. Oder starten die Wege alle auf einer Schwelle über dem Waldboden? Da hab ich nicht genau genug hingeschaut.

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