Ein „Schrei“ nach mehr Bänken oder alles Käse?

Oh! Es gibt neue Zahlen!
Ach du Sch…., 134 Seiten, da muss aber viel drin stehen. Manche komplette Erzählung ist kürzer und die meisten weniger anstrengend. Denn hier sind die Antwortergebnisse mit Bewertungen, Kommentaren und statistischen Durchführungserklärungen gemischt. Da muss man sich etwas mehr Zeit nehmen. Und selbst mein Kurzgemecker wird schon ziemlich lang – Entschuldigung – bitte nur weiterlesen bei genügend Interesse.

Informativ und bequemer sind die Tabellen mit Gegenüberstellung der Antworten von Erst-, Wieder- und Stammbesuchern.
Nur (Zweifel!) die Zahl der Befragten im Vergleich zu den Gesamtbesuchern???

Jajaja, ich weiß, es gibt wissenschaftlich begründete Zahlenvorgaben. Bei halbwegs guter Mischung soll bei 200 Befragten das Ergebnis auch halbwegs brauchbar sein. Bei ca. 300 Befragten kann man wohl schon von „repräsentativ“ sprechen und hier wurden ja nun gar 367 Besucher befragt. Das klingt als Zahl recht viel, aber wenn an der Befragungsstelle Bastei/Kurort Rathen 83 Personen befragt wurden, wo doch die Jahresbesucherzahl auch schon mal mit 1.500.000 aufgerufen wurde, dann sind da ja gerade einmal verschwindende 0,0055 % der Besucher befragt worden. Anders gesagt, eine erfragte Meinung steht für ca. achtzehntausend unbefragte Besucher, also 1:18.000? Oder noch anderser und zugegeben etwas unsachlicher gesagt: wenn ich von den weltweit existenten ca. 4.000 Käsesorten nur einen (also 1) gekostet hätte, dann dürfte ich noch mit 4x höherer Sicherheit behaupten, ich wüsste nun wie alle Käse auf der Welt schmeckten … hört doch auf!
Ich glaube ja als Laie auch, dass man für ein wissenschaftliches Ergebnis die 300er Zahl eigentlich an einem einzigen Befragungsort hätte erreichen müssen. Hier wurden aber die Zahlen von 7 verschiedenen Befragungsstellen zu der Summe zusammen geworfen und ich denke, es wird doch zahlreiche Unterschiede geben, zwischen einem durchschnittlichen Basteibesucher und einem in Schmilka, an der Neumannmühle oder im Zahnsgrund. Oder nicht? Zumal in der Studie selbst schon festgestellt wird: „… Erst- und Gelegenheitsbesucher treten vermehrt in der Region Bastei/Kurort Rathen in Erscheinung. Jeder dritte Teilnehmer aus diesem Cluster wurde an dem massentouristischen Hotspot der Sächsischen Schweiz interviewt (35,5 Prozent)…“

Eine weitere eigentlich unerwünschte und schädliche Filterung der Befragten erfolgte dadurch, dass die Befragungsstellen alle an Ein- oder Ausgangsstellen zum eigentlichen Zielgebiet lagen. An den Stellen wollen die meisten Besucher aber zu ihrem Erlebnisziel oder nach Hause, sind in Eile oder haben keine Lust für Gequatsche. Befragt wurden somit nur die, auf die das nicht zutrifft. Klar, die meisten Befragungen werden diesen Mangel haben, weil ja immer nur diejenigen antworten, die Lust dazu haben. Aber hier wurde der Effekt doch durch die ungeschickte Ortswahl noch verstärkt. Mein Vorschlag wäre: Schickt die Befrager nächstes Mal mitten hinein in den Park, befragt die Besucher dort, wo sie ohnehin Zeit und Muße haben, geht auf die Gipfel, die Aussichten und Rastplätze. Da wird nicht nur die Filterwirkung kleiner, sondern garantiert auch die Antwortbereitschaft und damit die Teilnehmerzahl insgesamt größer. Ich hätte jedenfalls keine Lust gehabt, mir die ca. 30 Minuten an die Heimfahrt anhängen zu lassen. Aber egal, auch wenn ich dem Ergebnis keine allzu große Bedeutung zugestehen will, einige Aussagen sind schon interessant.

Am schönsten fand ich die Aussage in Teil II, Seite 66.
Ich zitiere:
“… Fast schon ein „Schrei“ nach mehr Bänken etc. macht das Thema Sitzgelegenheiten mit 49 Nennungen zum Thema Nummer Eins der offenen Frage 14b – korrespondierend zur geringsten Zufriedenheit bei Frage 14a. Die Gründe dafür liegen u. a. in der Notwendigkeit von Äquivalenten für Anstrengungen bei Wanderungen (z. B. ausruhen bei Aufstiegen) und im Ermöglichen besserer Naturbeobachtung (in Ruhe längere Zeit etwas beobachten …). Zudem machen Sitzmöglichkeiten das Wandern für bestimmte Gruppen attraktiver (Zweisamkeit, Familien, Sonntagsausflug in Ausgehkleidung) bzw. überhaupt erst realistisch (ältere bzw. körperlich schwache Menschen, Kinder etc.). Gemessen an Maßstäben des naturnahen Wanderns lassen sich Bänke freilich schon als Komfort einstufen und liegen deshalb auch keineswegs jedem einzelnen Besucher am Herzen. …”

Ich denke hier können wir voll zustimmen, selbst dem letzten Satz, denn es müssen ja auch nicht immer gleich Bänke im Sinne von grüngestrichenen Parkbänken sein. Der vielfach erwähnte Baumstamm (für wegeblockierende Verhau-Maßnahmen immer genügend vorhanden) würde schon reichen.

Lustig auch eine Einzelmeinung oder Forderung: „… mehr Rücksicht durch Einheimische … Die Ortskundigen fahren zu schnell (Zahnsgrund).“ Hihihi, denk ich, das müssen ja nicht mal Einheimische gewesen sein …

Dann gibt es da noch dieser Aussage:
„Ob sich das 2012 für die Anlieger durchaus relevante Problem mangelnder oder unzureichend freigeschnittener Aussichtspunkte zwischenzeitlich – beispielsweise durch Freischneiden – verflüchtigt hat oder ob der Unterschied zwischen beiden Befragungen Ausdruck unterschiedlicher Wahrnehmung von Anwohnern und Gästen ist, können wir nicht beantworten. Jedenfalls taucht es aktuell auch unter den verbalen Antworten auf die Frage 14b (wie auch schon auf 7a) kaum noch auf.“ Man bezieht sich hier auf die 2012er Befragung, in der die „Anlieger“ befragt wurden. Da denke ich, können wir den Verfassern der Studie versichern, dass sich das Problem sicher noch nicht durch Freischneiden verflüchtigt hat, sondern ihre Vermutung richtig ist, dass die Wahrnehmung verschieden ist. Natürlich wird der Erstbesucher eine Aussicht nicht vermissen, oder das Zugewachsene beklagen, wenn er es nicht anders kennt.

11 Gedanken zu „Ein „Schrei“ nach mehr Bänken oder alles Käse?

  1. Interessant für uns sind folgende Äußerungen auf Seite 36 und 39:
    “Geringfügiger Widerstand zeichnet sich mit Blick auf das Verbot, in der Kernzone des Nationalparks die gekennzeichneten Wege zu verlassen, ab. Ungefähr jede(r) zwölfte Interviewte empfindet das übertrieben (8,0 Prozent)”.
    Unter den Anliegern sind es sogar viel mehr: “es … herrscht unter den Anliegern ein evidenter Widerstand gegenüber der Beschränkung auf die gekennzeichneten Wege. Mindestens jeder Vierte erachtete dies zum Zeitpunkt der Datenerhebung übertrieben (25,3 Prozent)”.
    Und bei dieser Zahlenspielerei sind noch nicht mal die 143 Mitglieder unserer IG mit dabei, wenn man die auch noch befragt hätte und ALLE anderen Anlieger dazu, die ja viel häufiger in die Sächsische Schweiz gehen als einmalige Besucher, wäre die Prozentzahl derjenigen, die nicht mit dem Wegegebot einverstanden sind, noch viel höher. Irgendwann schaffen wir die 100% …

  2. Danke dass Du Dich mit dem Zahlenwerk beschäftigt hast. Auch mir wird die Muße und das Wollen fehlen, mich durch alle 134 Seiten zu graben. Und bei einer derartigen statistischen Ausgangslage lohnt das wohl auch nicht. Schade um das Papier und das für die Studie verbrauchte Geld, davon hätte man sicher einige Bänke aufstellen können …

    • Ach glaubt nur nicht, dass ich das alles gelesen hätte. Höchstens 10% durch überfliegen, querlesen, jede zweite Tabelle genauer angeschaut und an einigen Stichworten hängen geblieben. Aber in der Tat ist kaum eine Antwort dabei, die mich überrascht, oder meinen Kenntnisstand erweitert hätte. Nicht, dass ich mich für überschlau halte, aber die meisten faktischen Aussagen sind doch mit der berühmten Portion Menschverstand ohne wissenschaftliche Unterstützung zu Papier zu bringen. Und selbst die subjektiven Aussagen, selbst wenn ich sie nicht teile, sind doch absolut erwartungsgemäß.
      – natürlich findet ein Besucher den Nationalpark gut
      – natürlich wird’s Gemecker über Parkgebühren geben
      – natürlich usw. alles erwartungsgemäß
      Nur einer Schlussfolgerung muss hier mal noch laut widersprochen werden – die felsenfeste Aussage der Schreiber, dass ein besser ausgebauter und durchgetakteter ÖPNV automatisch, zwangsweise teurer werden würde – ist einfach nur Schwachsinn, zeugt von fachlicher Unkenntnis und steht einem neutralen Befragungsersteller überhaupt nicht zu. Zum Glück gibt es inzwischen genügend Beweise, Großversuche quasi, bei denen sich, aber sowas von eindeutig, gezeigt hat, dass selbst ein für die Nutzer völlig kostenloser Nahverkehr für die Betreiber nicht zu Mehrausgaben, sondern im Gegenteil, zu Mehreinnahmen geführt hat. Irgendwo in der Schweiz ist das schon ein Jahrzehnte alter Hut, in Deutschland ist es glaube ich Templin und als große Statt hat wohl Tallin den ÖPNV kostenlos gemacht und verdient damit jetzt Geld – nicht direkt, aber über die zahlreichen Synergien.

      • Wobei ich denke, dass das mit dem ÖPNV differenziert zu betrachten ist. Die S-Bahn fährt eigentlich ausreichend oft, ist zu den Stoßzeiten (früh 8.30-9.30 z.Bsp.) allerdings manchmal proppevoll. Auch einige Buslinien fahren – zumindest während der “Wandersaison” – in recht ordentlichem Takt, z.B. die Kirnitzschtallinie nach Hinterhermsdorf. Dünner siehts da in anderen Richtungen aus, ich finde z.B. das Busangebot Richtung Leupoldishain und Bielatal am Wochenende eher abschreckend, da fahren werktags (wegen des Schülerverkehrs) oft deutlich mehr Busse. Und bei der Verbindung Pirna – Hohnstein schrecken mich immer die schrecklich vielen Umwege (Bastei, Heeselicht etc) und die damit verbundene lange Fahrzeit ab – da fahre ich lieber mit der Bahn nach Rathen oder Porschdorf und laufe von dort los – ist dann eben etwas weiter.

        • Ja, die S1 ist einwandfrei. Und selbst für mich aus Chemnitz mit ca. 20 Minuten Umsteigezeit in DD noch ganz brauchbar – aber eben nur für Ziele, zu denen ich direkt von der Elbe starte, also Rathen, Schmilka und vielleicht noch Wehlen. Wenn ich in KiTa oder BiTa will, da wird es umständlich und langwierig, also unattraktiv. Das liegt aber nicht so sehr an den reinen Fahrzeiten, sondern wie du schon sagst, an Umwegen, unpassenden Anschlüssen und zu langen Takten.
          Die Umwege sind da, weil die Busse nicht für uns Touries, sondern für die Verbindung der Dörfer da sind. Die Taktzeiten sind so lang, weil man sich eben nicht traut kürzere zu machen, angeblich eben zu teuer. Und die Anschlüsse sind eine Nebenwirkung von allem.
          Wenn man dem Tourismus etwas gutes tun will, dann muss man eben auch für die Touristen etwas passendes maßschneidern. Das kostet natürlich was, aber es bringt sicher noch mehr. Und ganz wichtig: Infoblätter, wo ich die für mich gemachten Angebote übersichtlich erkennen kann.
          Ich hab schon mal recherchiert, wollte mit Bus ins BiTa – war sehr mühsam und langwierig und dann hab ich es aufgegeben, weil ich dann hier 05:00 aufstehen müsste um vielleicht gegen 10:30 am Wanderstart zu sein – unmöglich.

        • Die Kirnitzschtallinie fährt aber auch nur am Wochenende, innerhalb der Wandersaison in einem ordentlichen Takt. Innerhalb der Woche oder außerhalb der Saison kommt aller 2h mal ein Bus vorbei. Wenn ich beispielsweise an der Neumannmühle meine Wanderung beenden möchte und da kommt dann nur aller 2h mal ein Bus vorbei, Wochentags, im Sommer der letzte 18.28, dann finde ich das persönlich weniger brauchbar.

          Es existiert auch ein schwarzes Busloch zwischen Schmilka und Hrensko. Grenzüberschreitender ÖPNV sieht eigentlich auch anders aus, ums mal plakativ zu formulieren.

          • Naja, im Sommer wären 2 Stunden kein Problem – geht man ein Bierchen trinken. Im Winter ist das natürlich nicht möglich und damit blöd, da hast Du schon recht. Ich hatte am 04.11. Glück, da hatte die Neumannmühle noch geöffnet. Deshalb versuche ich im Winter an elbnahen Touren, wo ich zumindest heimwärts gleich in die S-Bahn fallen kann.
            Einen Bus zwischen Schmilka und Hrensko halte ich nicht für erforderlich, da fährt ja auch die S-Bahn. Und ich glaube, die roten Doppelstöcker und auch ein Schiff fahren die Tour. Letztlich kann man aber auch laufen, soweit isses ja nich.

          • Wenn ich eh mit der S-Bahn unterwegs bin und in Herrnskretschen in tschechische Busnetz umsteigen will, dann fahre ich natürlich mit der S-Bahn bis Schöna durch.

            Allerdings hatte ich letztens in Schandau genächtigt und da fährt recht häufig und praktisch die 252 Busline nach Schmilka. Natürlich kann ich die Nummer auch umständlich und zeitaufwendig mit 2x umsteigen absolvieren, Fähre, S-Bahn, Fähre.

            Aber ich hatte mich gefragt wieso so zeitaufwendig und umständlich bzw. wo ist da der große Aufwand der begründet das deutsche und tschechische Busnetz nicht zu verbinden, obwohl nur einer der beiden einen kurzen Abstecher nach Schmilka bzw. Herrnskretschen zu machen braucht. Wenns ganz super läuft, zeitlich akzeptabel aufeinander abgestimmt.

  3. Statistik : …..die Fälschung beginnt , so gewollt, bei der Fragestellung. Wenigstens bei den Statistiken welche zur Unterstützung des eigenen Standpunktes dienen sollen. Die echten Statistiken verschwinden zumeist im Giftschrank. 😉

  4. 1. Damit wird ‘wissenschaftlich’ unterstützt, dass die bestehenden Wege völlig ausreichen und Besucher gar nicht mehr wollen.
    2. Ich glaube nur der Statistik, die ich selbst gefälscht habe.
    3. Wer liest eigentlich 134 Seiten zu diesem Thema?

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