Ein Rückblick als Vorausschau

Der nachfolgende Blogartikel stammt aus der Feder unseres Stiegenfreundes Streicher

Die Erschaffung des Märchenlandes

Der bunte Herbst ist vergangen, der graue Herbst ist nun da, aber der Winter lässt noch auf sich warten. Vielleicht kann ich euch mit meinem Artikel etwas über den grauen Herbst hinweg trösten und auf die Winterbilder und die Adventszeit einstimmen … 🙂

Nein, ich habe das Märchenland nicht selbst erschaffen, die Überschrift des Beitrages bezeichnet ein faszinierendes Schauspiel auf der großen Bühne der Natur, welches ich erleben durfte.

Es war der 30. Dezember 2016. Nach schier endlosen Tagen von Nebel, Niesel und Regen versprach der Wetterbericht endlich wieder Sonnenschein.

Kurz nach 6 Uhr war Start, das Ziel war der Hohe Schneeberg im Böhmischen, wo ich – aus welchen Gründen auch immer – bis dahin noch nie war. Auf der Autobahn erahnte ich klaren Himmel, obwohl bis zum Sonnenaufgang noch etwas Zeit war. Über Berggießhübel kam ich nach Petrovice. Hier umfing mich plötzlich wieder der schon vergessen geglaubte „Nebel des Grauens“. Ich beruhigte mich mit den Verheißungen des Wetterberichtes: Sonnenschein.

Weiter ging es an den heute „nicht vorhandenen“ Tyssaer Wänden vorbei. Ankunft in Snežnik etwa 7.45 Uhr, Parkplatz an der Kamm-Baude, natürlich im dichten Nebel.

Nebel des Grauens

Nebel des Grauens

Außer einem Auto mit tschechischem Kennzeichen war der Parkplatz noch leer. Die Zufahrtsstraße hinauf auf den Hohen Schneeberg war zu großen Teilen mit klarem Eis aus gefrorenem Schmelzwasser der vergangenen Tage überzogen. Heute früh war es aber frostig. Die Bäume und Sträucher waren mit Raureif geschmückt, an den Felsen im oberen Bereich hingen kleine Eiszapfen. Im Gipfelbereich lag eine dünne gefrorene Schneedecke. Es war schon eine sehr spezielle Stimmung, hier allein im Nebel aufzusteigen.

Dresdner Aussicht: vorher und nachher

Dresdner Aussicht: vorher und nachher

Oben angekommen, machte ich an der Dresdner Aussicht ein paar „Vorher“-Fotos in der Hoffnung dass es auch „Nachher“-Fotos mit Sonne statt Nebel geben würde. Bis es soweit sein würde, wollte ich noch etwas weiter das Plateau des Tafelberges erkunden, soweit das im Nebel überhaupt möglich gewesen wäre. Dazu kam es aber gar nicht. Denn plötzlich wurde es innerhalb kürzester Zeit deutlich heller, über mir erahnte ich etwas wie blauen Himmel, während es neben mir zumindest noch hellgrau war. Doch nur wenige Minuten später zog jemand den großen grauen Vorhang langsam zurück. Das Schauspiel begann!

Ich rannte schnell wieder zurück zur Aussicht und traute meinen Augen nicht: Ich war über den Wolken, die bis zum Horizont reichten. Die gerade aufgegangene Sonne ließ die Oberfläche wie Watte leuchten und warf einen deutlichen Schatten des Hohen Schneeberges über dieses Wolkenmeer. Wenig später war Szenenwechsel auf der Bühne: Die mit Raureif überzogenen Baumwipfel der Wälder auf der Hochfläche unterhalb des Gipfelplateaus erhoben sich aus dem Nebelmeer und schimmerten in der Sonne.

Laurelin, der goldene Baum

Laurelin, der goldene Baum

Kurze Zeit später folgte schließlich der dritte Akt, die „Erschaffung des Märchenlandes“: Einige Tafelberge der Sächsischen Schweiz tauchten aus dem Nebel auf. Denn nichts anderes als die Sächsische Schweiz ist seit meiner Kindheit mein Märchenland! Ich stand ganz allein da vorne an der Felskante und konnte mein Glück kaum fassen. Mir stand das Wasser in den Augen, aber vom Wind kam das nicht …

die Erschaffung des Märchenlandes

die Erschaffung des Märchenlandes

Die von Reif überzogenen Sträucher und Kiefern bildeten den perfekten Vordergrund für das Schauspiel im Hintergrund. Auch die Felsen und die Bank waren mit Raureifgebilden verziert.

Alle Teile des Schauspieles habe ich einzeln schon erlebt, aber das Zusammenspiel von allem zusammen in so kurzer Zeit noch nie. Es war einfach unglaublich. Aber die Vorstellung ging immer noch weiter. Mittlerweile war die Sonne etwas höher gestiegen. Inzwischen hatte sich ein weiterer Wanderfreund unter das „Publikum“ gemischt. Von der Dresdner Aussicht aus konnte man vom Horizont etwa ein Drittel sehen, an den Seiten lag alles unter Wolken: rechts war die Wolkengrenze etwa beim Papststein. Alles was rechts und dahinter war, lag im Nebel, so auch die gesamte Hintere Sächsische und auch die Böhmische Schweiz.

Panorama Richtung Erzgebirgskamm

Panorama Richtung Erzgebirgskamm

Blick ins böhmische Becken

Blick ins böhmische Becken

Am linken „Bildrand“ sah ich, wie die Sonne schon von oben auf die Wolken schien. Deshalb wanderte ich den Weg an der Westkante des Plateaus bis zur Südwest-Ecke. Wieder ein traumhaftes Bild: das gesamte Böhmische Becken im Nebel, nur der Milleschauer im Südwesten, ein Sendemast im Süden und ein paar „Inseln“ im Osten (Kreibitzer Gebirge) ragten aus dem Wolkenmeer. Darüber stand die Sonne, es war ein Anblick wie aus dem Flugzeug. Nach einem Rundgang zum anderen Ende des Berges und dem Besuch des Aussichtsturmes ging ich noch einmal zurück zur Dresdner Aussicht. Mittlerweile war es mit der Ruhe lange vorbei, es war aber auch schon fast 13 Uhr.

Westkante - einfach schön

Westkante – einfach schön

Wo war nur die Zeit geblieben? Mir war aufgefallen, dass während der ganzen Zeit nur Königstein, Pfaffenstein, Gohrisch und Papststein, teilweise Zschirnsteine und Lilienstein (nur Westhorn) zu sehen waren.

So reifte mein neuer Plan: Besuch des Gohrischs. Gesagt, getan, etwa 14.30 Uhr war ich auf dem Parkplatz am Galgen.

Am Gohrisch schloss sich der Kreis: Auf dem Schneeberg war ich im ersten Sonnenlicht des Tages, auf dem Gohrisch gelang mir beim Abstieg auf der Ostseite noch ein stimmungsvolles Abschiedsfoto vom Hohen Schneeberg im letzten Sonnenlicht des Tages. Dann senkte sich der Vorhang … Was für eine Vorstellung!!

Blick vom Gohrisch zum Schneeberg

Blick vom Gohrisch zum Schneeberg

Das war ein wahrhaft würdiger Jahresabschluss mit ganz großen Bildern. Die Fotos können das nur zum Teil wieder geben, aber wer an diesem Vormittag auch auf dem Hohen Schneeberg war und diese Zeilen liest, wird das bestätigen können.

Ich wünsche euch allen eine schöne Adventszeit.

6 Gedanken zu „Ein Rückblick als Vorausschau

  1. Wandern im Winter ist toll und Nebel ist zwar manchmal unheimlich, aber immer auch zauberhaft. In der Tat, schön geschrieben und noch schönere Bilder – wofür könnten wir so was und so jemand gleich noch brauchen ? 😉

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