Die Unmarkierten

Der Titel bezieht sich auf unmarkierte Wege außerhalb der Kernzone. In einem Forumsbeitrag vom 21. Juni 2018 (drei der letzten vier Postings und Video ab Minute 3) ging es um den Reitsteig, der aus dem Nassen Grund hinauf in Richtung Hölle/Affensteine führt. Es war in dem Beitrag die Rede von Zerstörungen an diesem Weg in Folge von Forstarbeiten. Da ich eine Erkundungstour im Schrammstein-/Affensteingebiet geplant hatte und den Reitsteig bis dahin noch nicht gegangen war, legte ich die Route meines Aufstiegs auf eben diesen Weg, um die Lage vor Ort zu erkunden. Im Folgenden zitiere ich einen Teil meiner Aufzeichnungen zu dieser Tour, also einen Lagebericht von Ende Juli 2018:

„ … Nasser Grund … Bald war der Abzweig zum Reitsteig erreicht. Dieser Weg ist unmarkiert und die kürzeste Verbindung aus dem Nassen Grund zur (Zahmen) Hölle. Er ist zwar auf allen Landkarten noch eingezeichnet, soll aber offensichtlich „in Vergessenheit geraten“, jedenfalls nach Ansicht der NPV. Schon ganz unten liegt ein umgestürzter Baum quer über den ohnehin nur noch schmalen Pfad im dichten Gras. Es wäre ein leichtes, diesen Baumstamm teilweise zu entfernen, aber man tut es nicht! Warum nicht? Er soll als „Absperrung“ dienen! Auch im weiteren Verlauf des unteren Teils des Reitsteiges liegen immer wieder Zweige und Reisig auf dem deutlich erkennbaren Weg. Kurz vor der Einmündung des Reitsteiges auf den Zeughausweg (UAP) war die Absicht eindeutig. Reitsteig: das war AbsichtHier lagen so viele Äste und Fichtenreisig, dass das Durchkommen deutlich erschwert wurde. Die Krönung war ein säuberlich geschälter Baumstamm, der quer zum Weg hingelegt wurde, eine regelrechte Absperrung. Da der Stamm in der Mitte zersägt war, konnte ich die beiden Teile mit einiger Mühe so zu Seite räumen, dass sie halbwegs parallel zum Pfad lagen. Außerdem räumte ich hier auch noch einige besonders störende Äste und weitere Stämme aus dem Weg, so dass man wieder einen Pfad erkennen konnte. Reitsteig, Verhau - vorher und nachher Die Absicht der NPV war klar: vom Zeughausweg aus soll es so aussehen, dass dort kein Weg ist. Eine fiese Taktik, denn wo keiner mehr lang geht, wächst der Weg langsam zu, und wo kein Weg mehr ist, darf man wegen des Wegegebotes nicht mehr gehen. So weit darf es nicht kommen! Zur Zeit ist der untere Teil des Reitsteiges insgesamt noch gut passierbar. Der obere Teil sah wesentlich schlimmer aus. Zwischen Zeughausweg und Höllweg ist der Weg in dem abgeholzten Waldstück zum größten Teil überhaupt nicht mehr zu sehen.Reitsteig, oberer Teil Nur wenn man weiß, dass hier laut Karte ein Weg sein soll, kann man an manchen Stellen so etwas wie einen Pfad erahnen. Hier sind Bäume gefällt worden, ein Teil der Äste und des Reisigs liegen mehrere Meter breit auf dem Boden verteilt, was gemeinsam mit verstreutem Fichtenjungwuchs das Gelände nur sehr schwer passierbar macht … ”

So weit der Bericht aus dem Sommer 2018. Vielleicht hat sich inzwischen im oberen Teil schon etwas verbessert. Vielleicht hat sich sogar schon ein neuer Pfad gebildet. Trotzdem hier die Botschaft dieses Beitrages: Begeht die unmarkierten Wege! Mit solchen Worten trage ich hier im Forum sicher Sand ins Elbi, aber eine kleine Erinnerung kann vielleicht nicht schaden, zumal im Winter viele ihre Touren für das neue Jahr planen.

Der Reitsteig mag ein extremes Beispiel sein. Nachfolgend möchte ich kurz noch zwei andere relativ aktuelle Beispiele nennen, die ich kenne: Kehllochweg (Wehlener Gebiet) und Ausstieg Reibetöpfel zur Knorre (Zschandgebiet). Es gibt aber mit Sicherheit noch viele weitere „Kandidaten“. Der Kehllochweg war im Juli 2017 noch durchgehend gut begehbar. Die „Mängel“ waren ein nicht beseitigter umgestürzter Baum auf dem Weg, vor allem aber die Sperrgeländer aus Holz unten und oben zur „Abschreckung“. Von oben ist der Einstieg kaum noch erkennbar. Absperrung Kehllochweg, oben am ForstmeisterwegHoffentlich hält das kleine Steingewölbe, über das der Weg im mittleren Teil führt, noch recht lange. Sonst kann es ganz schnell aus sein mit der durchgängigen Begehbarkeit. Hilfe von der Behörde ist hier kaum zu erwarten. Dort hält man eher sich an den alten DDR-Ausspruch „Ruinen schaffen ohne Waffen“, übertragen ins Elbi: Zerstörung durch Nichtstun. Der Kehllochweg hat das „Glück“, dass an ihm ein Klettergipfel liegt und für etwas Begängnis sorgt. Sonst wäre er wahrscheinlich schon völlig zu gewachsen… Am Ausstieg des Reibetöpfels zum Knorreweg gab es erstaunliche Wandlungen: 2012: deutlicher Pfad (leider kein Foto), 2014: „Fahrweg“ Reibetöpfel, oben, Februar 2014, 2018: Wiese.Reibetöpfel, oben, Mai 2018  Hier haben wir es selbst in der Hand, die kaum sichtbare Pfadspur hinauf zur Knorre wieder als Pfad auszutreten. Denn sonst ist der Weg weg! Und wo kein Weg mehr ist, darf man … Na ihr wisst schon. Also: Begeht die Unmarkierten! Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.

Alles Gute für das Wanderjahr 2019!

15 Gedanken zu „Die Unmarkierten

  1. Sehr guter Beitrag! Man sollte aber aufpassen, immer sofort der NPV die Schuld in die Schuhe zu schieben, denn es wären noch viel mehr Wege unpassierbar, wenn nicht hin und wieder mal ein Harvester durchfahren würde. Es wäre sinnvoll, diese Pfade und Wege vom Vergessen zu bewahren, vllt mit einer Art “Roten Liste”. Stattdessen werden lieber Stiegen beworben, wo jährlich eine mehr als fünstellige Zahl an Besuchern hochrennen und wo eher das Gegenteil ( die hohe Anzahl an Besuchern) das gefährlichere ist und welche eh als Kletterzugang markiert und gepflegt sind.
    In der Böhmischen Schweiz ist es noch problematischer, durch die niedrigere Gesamtzahl an Besuchern. Da findet man viele alte Wege nur noch mit einer Karte von vor 1945.

    • 1. Die Hauptschuld trägt die NPV, denn wer hat denn viele Wege gesperrt oder dafür gesorgt, daß sie unbegehbar geworden sind (siehe Beispiele)? Deshalb wurde ja diese IG gegründet, und die Beiträge zeigen auch, daß wir solche Wege immer wieder begehen, um sie zu erhalten.
      2. Harvester und Forwarder arbeiten nur im Wald, aber kaum auf Wegen. Aber durch den Abtransport des Holzes werden dann mehr Wege kaputt gemacht, als daß dadurch für deren Begehbarkeit gesorgt wird (Goldbachtal u.v.a.).
      3. Die Idee mit der Roten Liste ist gut. Könnte ähnlich aufgebaut sein wie die Stiegenmatrix.
      4. Wer gesperrte Wege (in der Kernzone) vor dem Vergessen bewahren will (Axel und seine Bücher, Kerbensteig-Seite u.a.), gegen den wurde seitens der NPV schon mal juristisches Vorgehen und andere Maßnahmen erwogen, um solche Veröffentlichungen zu verbieten (Diktatur läßt grüßen).
      5. Nicht alle Kletterzustiege werden von der NPV gepflegt, siehe Sendengründel/Bergfreundschaftsstein. Die NPV hat auch noch nicht gemerkt, daß der KZ-Abzweig vom Lehnsteig zum oberen Terrassenband schon vor längerer Zeit durch einen Erdrutsch unbegehbar geworden ist, und man sich den Zugang ein Stück weiter unmarkiert selber suchen muß.
      6. Bis 1990 waren z.B. in den Kletterführerkarten alle alten Wege von früher eingezeichnet, erst danach erfolgte durch die NPV ein systematisches ausradieren vieler Wege (vergleiche z.B. Kletterführer-Große-Zschand-Karte von DDR-Zeiten und Heute). In der Böhmischen Schweiz dasselbe seit 2000, Wege verboten und unbegehbar gemacht (Flügelwände-Weg u.v.a.), Boofen der Tramps
      zerstört usw. Die Tramps versuchen illegal, die Wege und Pfade zu erhalten, die auf keiner mapy.cz-Karte mehr erscheinen.
      Schuldfrage der beiden NPV? Das kann sich jeder selber beantworten.

  2. Ich denke, die Botschaft des Artikels ist nicht ungehört verhallt, auch wenn ich hier damit „Wasser in die Elbe getragen“ habe. Die Wortmeldungen haben gezeigt, dass das Thema weiterhin als sehr wichtig angesehen wird und Aktivitäten notwendig sind.
    Lasst uns nun auf besseres Wetter hoffen, und wenn es da ist, mit den Füßen stampfen … auf den Unmarkierten. 🙂

  3. Der obere Teil des Comtessensteinweges im Hinterhermsdorfer Gebiet ist auch so ein Sorgenkind. Im Sommer 2015 war er jedenfalls bedenklich zugewachsen, mit jungen Fichten mitten auf dem Weg. Den aktuellen Stand dort kenne ich nicht.
    Die Nasse Tilke ist eigentlich Bestandteil meines Planes für eine Schrammstein-Erkundungstour. Da werde ich wohl Gummistiefel und Ga…nsch..e mitnehmen müssen.
    Die Einladung zu einem “Arbeitseinsatz” würde ich gern annehmen, wenn es zeitlich passt. Es schadet nicht, mal ein paar “Verrückte” persönlich kennen zu lernen. 🙂

    • Ja, dumm eigentlich. Jetzt ist dieses supertrockene Jahr vorbei und die Tilke wurde nicht begangen. War schon mal auf meinem Plan, aber dann gab es doch wieder so viele andere Ziele … ein Elend ist das. Kaum denkt man, alles wäre besucht, merkt man, nein, je mehr man begeht, umso mehr Wege entdeckt man …
      Ich nehme gerne eine Info entgegen, wenn der Waldläufer mal durchs Unterholz streichen will und speziell dieser ganze westliche Teil ist bisher nur auf den Hauptwegen erforscht und da gibt’s doch einige mehr. Zwischen Schieß- und Lattengrund und auch das Falkengründel ist weiter begehbar, als offiziell ausgeschildert. Und wenn es kalt genug wird ist es auch nicht mehr nass 🙂
      Sag Bescheid!

      • @spreewolf: Ich hatte da wohl was verwechselt und an die Ausrüstung für einen Arbeitseinsatz an der Burg Wehlen gedacht …
        @Andreas P.: In der Tat sieht der Plan mit der Tilke hauptsächlich genau dieses Gebiet mit vor: zwischen Schießgrund und Obrigensteig sowie das Gebiet bis an die Torsteine. Aber wann, weiß ich noch nicht. Falkengründel habe ich fast auf den Tag genau vor einem Jahr besucht: als Kletterzugang markiert und sehr schön, auch gut begehbar.

  4. Da gibts noch mehr wegrationalisierte Wege, z.B. die Nasse Tilke in den Schrammsteinen, führte früher von Mitte Schießgrund direkt zum Großen Schrammtor. Irgendwann nach 1990 wurde einfach im Schießgrund ein Zaun zu Besucherlenkung gebaut, damit keiner mehr dort abzweigt, heute ist das Tal zugewuchert und unbegehbar. Oder am Kuhstallweg vom Lichtenhainer Wasserfall zum Kuhstall, dort gab es im oberen Drittel einen direkten Aufstieg mit extra in den 1980er Jahren neu ausgebauten Holzstufen, heute auch weg. Die NPV will wahrscheinlich wegen dem NP-Status das Wegenetz allmählich immer mehr verringern, da sollten wir gegenhalten. Am Abzweig Reitsteig vom Nassen Grund ist in den Kletterführerkarten seit März 2018 ein neuer Kletterzustiegspfad eingezeichnet, der führt südlich vom Reitsteig hoch zur unteren Affensteinpromenade, dorthin wo der Höllweg abzweigt. Hat den jemand schon mal getestet, wie er ausgeschildert und beschaffen ist?

    • Ich hatte vor einiger Zeit eine Wanderkarte in der Hand, da war die Nasse Tilke als markierter Hauptwanderweg eingezeichnet! Und die Karte war nicht übermäßig alt – sondern erstellt mit freundlicher Unterstützung durch Herrn Dr. Stein vom NP …

  5. Aber genau, ein guter Beitrag und auch zugleich die beste Empfehlung zu den einfachsten “Arbeitseinsätzen” zum Wege-Erhalt. Nicht das Äste-wegräumen, sondern einfach das Begehen. Wir werden also demnächst mal zu einem solchen “Einsatz” aufrufen. Lohnenswerte “Baustellen” gibt’s ja genug. Ich wüsste gleich im o.g. Umfeld die beiden Bösen Löcher, auch das Schwarze Loch, der Wilde Grund. Wir warten nur mal auf etwas besseres Wetter 🙂

  6. Danke für diesen wichtigen Beitrag! Da rennst Du bei mir offene Türen ein, ich gehe auch gerne mal diese in Vergessenheit geratenden Wege. Kehlochweg bin ich 2018 gewesen, Reibetöpfel könnte 2017 gewesen sein. Den Reitsteig allerdings noch nie …

    Weitere Kandidaten finden sich z.B. rückseitig der Thorwalder Wände und am Kirnitzschtal dort in der Ecke, aber auch noch der ein oder andere Weg bei den Wehlener Gründen.

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