Teil Waldpflegemaßnahmen. Entwurf. Bad Schandau, September 2018.
Sehr interessante Karten sind u. a.:
www.nationalpark-saechsische-schweiz.de/wp-content/uploads/2018/09/Anlage-4a-WTA_VT.pdf
www.nationalpark-saechsische-schweiz.de/wp-content/uploads/2018/09/Anlage-4b-WTA_HT.pdf
Exzerpt R. Böhm, Februar 2019.
Stark generalisierende Betrachtung. Bei der Menge der Zahlen und Fakten in der Quelle sind einzelne Fehlzitate und Fehlinterpretationen nicht auszuschließen.
Grundtenor: Zunächst die gute Nachricht für den Wanderer: Es geht ausschließlich um forstliche Belange, irgendwelche Wegsperrabsichten sind auch mittelbar nicht erkennbar. Aber die Berichterstattung zum Wald hat es auch in sich, und dies wirkt langfristig auf das wünschenswerte Wandererverhalten zurück.
Bis S. 9: Allgemeines, Methodik.
S. 10 Prozessschutz, wird wie folgt verwirklicht: In Naturzone A [Typ „Thorwald“] erfolgen bereits jetzt keine Maßnahmen mehr, in Naturzone B [Typ „Wildensteiner Wald“] sollen diese bis etwa 2030 ausklingen, Pflegezone [Typ „Randbereiche“] wird weiterhin dauerhaft Forstbewirtschaftung betrieben, natürlich unter NLP-Gesichtspunkten. Ab etwa 2030 auf 2/3 bis 3/4 der Fläche keinerlei Maßnahmen mehr [was möglicherweise nicht ganz realistisch ist].
S. 11 PnV = potentiell natürliche Vegetation, ein Schutzzielansatz, allerdings wird sich nicht die alte vormenschliche Vegetation wiederherstellen lassen, Formulierung, diese ist „nicht mehr regenerierbar“. [Leider.] Stattdessen wird ein Wald angestrebt, der sich „langfristig einstellt“ [wobei wir hier realistischerweise auch den Zeitraum, gewiss mehrere hundert Jahre, nennen.]
Es sind nur 18 % des Waldes naturnah [wohl obere Kamm- und Gipfelbereiche]. Im Übrigen ist Lenkung durch geeignete forstliche Maßnahmen erforderlich.
Als „potentiell natürlich“ gilt ein Flächenanteil von 2 % Erlen-Eschenwäldern [wohl gewässernah], 85 % Buchenwäldern (Istbestandsanteil lediglich 15 %) , 5 % Kiefernwäldern (Istbestandsanteil 15 %).
Demzufolge wäre also der Buchenwaldanteil wesentlich (von 15 % auf 85 %) zu erhöhen. [Reine Buchenwälder können, auch weil die Buche (anders als die Eiche) das Blätterdach schließt und deshalb darunter keine Vegetation ermöglicht, recht monoton sein. Sie werden vom Wanderer nicht unbedingt als schön empfunden. Weil mit diesen aber erst im mehreren hundert Jahren zu rechnen ist, ist dies absehbar nicht weiter bedeutsam.]
S. 14 ff. umfassende Erörterung Holzvolumina, oberirdisches Derbholzvolumen, Angaben in (m³/ha). Als gebietsfremd gelten europäische Lärche, weiterhin Roteichen und Weymouthskiefer, die aber nicht so die Masse darstellen. Vielmehr handelt es sich um Einzelbäume.
Interessant sind sog. Überhälter, also Altbuchen aus vorangegangenen Waldgenerationen, [diese wurden zu DDR-Zeiten, als schwer abtransportierbare „Masse“ wenig geschätzt und blieben „quasi als Unkraut“ ׅstehen]. Diese sind als Sukzessionspotential sehr wertvoll. Also mal beim Wandern auf die ansonsten wenig beachteten singulären Altbäume, typisch Buchen achten.
1996 bis 2013 ist erheblich Holzvolumen zugewachsen, etwa 3 % Holzvorratzuwachs, was im NLP wegen des grundsätzlich fehlenden Abbaus nicht verwundert. Die Fichte ist von 52 % auf 50,7 % nur minimal reduziert. [Was ebenfalls nicht verwundert. Von alleine geht die nicht weg].
Waldverjüngung (Unterstand) hat sich von 1996 bis 2013 mehr als verdoppelt. Fichte von 61 auf 321 ha. Sie sät sich also fleißig aus und denkt überhaupt nicht dran, von alleine [zum Käfer werden wir noch kommen] zu verschwinden.
[Das ist nun so eine Frage. Möglichkeit I, Fichte rausnehmen und an Kronospan verkaufen, was zwar nicht dem NLP-Gedanken (und dem Bambi-Syndrom des Besuchers) entspricht. Es bringt Harvesterspuren und Geld, was dann durch die NLP-V für den Wegebau eingesetzt werden könnte. Oder, Möglichkeit II, dem Werk des Borkenkäfers vertrauen, schade um das schöne Holz, schade um das Waldbild (auch das entspricht dann nicht dem Bambi-Syndrom des Besuchers), aber Möglichkeit II wäre „nationalparktypisch“. Beides, Harvester und Borkenkäfer stellen Entwicklungen dar, an die der Wanderer vor 30 Jahren so nicht gedacht hat. Und gewiss auch kein Naturschützer oder Nationalpark-Konzipierer/Gesetzgeber/NLP-VO-Verfasser. Die Natur ist eben stärker als wir und wie wir sie planen und uns wünschen können.]
Bei der Birke ist viel Dynamik drin. [Birke kann leicht angeweht kommen und damit toten Fichtenwald ohne Unterstand wohl relativ schnell besiedeln, sog. Pioniervegetation.]
Umfassende Analyse Borkenkäferdisposition. 2500 ha (=25 km²) Fichtenwald sind der Dispositionsklasse „mittel“/„sehr hoch“ zuzuordnen. Was mag „Dispositionsklasse mittel/sehr hoch“ sein? Man beachte hier auch die Gesamtnationalparkgröße 9300 ha =93 km², es ist also etwa 1/4 des NLP recht stark borkenkäfergefährdet. Im Pflegebereich wird [Neuwortbildung:] „Pufferung“ vorgeschlagen, d. h. befallene Fichten sind zu entnehmen/entrinden. Bei Unterstand ist „nicht damit zu rechnen, dass es zu Störungen der Waldfunktion“ kommen kann. [Es wächst also wieder hoch. Was aber wenn kein Unterstand ist? Dann sät sich natürlich auch irgendwas aus. Bei uns wird immer alles nach ein paar Jahren Wald. Vielleicht mit Birken beginnend. Da mal aufmerksam sein. Vgl. hier das Waldbild Obere Affensteinpromenade, wo seit 40 Jahren Birken hochwachsen.]
S. 24, Befallsflächenentwicklung Borkenkäfer. Die vom Buchdrucker befallenen Flächen haben sich von 2015 zu 2017 [„explosionsartig“] etwa versechsfacht. 2016 10 ha = 0,10 km² [wohl nördlich Kl. Winterberg, Reitsteig Bereich Hochhübel], 2017 etwa 42 ha = 0,42 km². Die 2018er Prognose „verhältnismäßig großer Buchdruckerbefall … der die Waldentwicklung im [hinteren] Teil … bestimmen wird“ ist eine eindrucksvolle Formulierung.
[Hierzu Wanderempfehlung östlicher Thorwald. Oft Kernzone, diese ist aber auf Klettergipfelzugängen (Dreiwinkelgrundwächter, Thorwaldwand, Thorwaldstein, Backofen etc.) ausreichend betretbar. Wer freilich ausschließlich auf Klettergipfelzugängen durch diesen eigentümlichen Wald geht, wird freilich schnell bemerken, dass er dies dann ausschließlich tut, um dem Wortlaut der NLP-V Genüge zu tun. Irgendwie lebendigen Wald, der ja die vorgestellte Grundlage der „touristischen Belastungsvermeidung“ ist, gibt es hier nicht mehr. Der Wald ist mittlerweile fast quadratkilometerweise völlig abgestorben. Das mag den Begriff „Waldentwicklung“ zwar nicht völlig falsch erscheinen lassen – Entwicklung ist schließlich ja irgendwie alles – man sollte da aber nicht allzu romantische Vorstellungen haben und ein bisschen Gewöhnung wagen.]
S. 25, Weißtannen. Im NLP gibt es zwar mit 1100 Stück sachsenweit das größte Weißtannenvorkommen, insgesamt sind 1100 Bäume aber nicht viel. Anzustreben ist eine erhebliche Neueinbringung der Weißtanne. [Vgl. Böhmische Schweiz, wo dies bereits sehr engagiert erfolgt.] Von 1994 bis 2017 wurden 294 ha (2,94 km²) mit Weißtannen bepflanzt, es erfolgten [Nationalpark] keine Schutzmaßnahmen. Die Analyse zeigt, dass 64 % der Pflanzungen „einen Zustand erreicht haben, der langfristig eine Beteiligung an der zukünftigen Waldnutzung erwarten lässt“. Es ist also sehr mühsam und auch normal, dass dass die restlichen 32 % der Anpflanzung leider verloren gegangen sind.
S. 37 Pflege Fichtenreinbestände. Fichten rausnehmen, naturverjüngte Buchen sollen hochkommen können. Reduzierung der (gebietsfremden) Roteichen- und Weymoutskiefern.
S. 40. Horstschutz Uhu, Wanderfalke, Schwarzstoch. Horstschutzzonen, dann richtigerweise Verzicht auf die [lärmintensive] Waldpflege.
S. 41 Pfleglichkeit. Waldpflege (d. h. Bäume fällen) erfolgt nach genehmigter Verfahrensweise [d. h. mit Harvester/Rücketraktor]. Rückegassenabstand jedoch nicht unter 40 m. [Auch hier eine Anmerkung: Vorstellungen des Wanderers, etwa den östlichen Thorwald vielleicht beräumen zu wollen und dies dann auch noch mit Rückepferden zu tun, erscheinen weltfremd. Waldarbeit erfolgt heutzutage mit Technik.]
S. 42 Verkehrssicherungskorridore. 30 m breit an Straßen, Forststraßen, Rettungswegen [nicht aber an gewöhnlichen Wegen/Wanderwegen]
Literatur. Interessant. Umfassende Literatur zu Wald (Riebe), potentieller natürlicher Vegetation (Schmidt), Weißtanne, Borkenkäferproblematik im NLP.
Rolf Böhms Fazit: Beim Kartieren im Böhmischen habe ich mich über die vielen dort sichtbaren Forstarbeiten (massenhafter Schonungsaufbau , Zuwerfen ganzer Schlüchte mit Riesenbäumen „Baummikado“ z. B. im Großer Kastengrund, hektarweises Entrinden und Liegenlassen) gewundert. Das kannte ich aus dem Sächsischen so nicht und das war für mich als Forstunkundigem kaum interpretierbar. Nach der Lektüre schwant mir ein klein bisschen, worum es geht. Da kommt noch ganz schön was auf uns zu. Gut ist, dass meine Befürchtungen, da könnten wieder irgendwelche Wegsperrungen angedeutet werden, unbegründet sind.
Andersherum: Da ist viel Dynamik drin. Borkenkäfer, Fichte, Weißtanne, PnV, Holzeinschlag: Da kommt noch gewaltig etwas auf uns zu (zum Drangewöhnen) und auf die Nationalparkverwaltung (an Arbeit). Das ist noch lange nicht Ruhe und ein „tausendjähriger Urwald“ wird es erst in 1000 Jahren sein. Eins aber: Wenn da zwischen Altnutzungs-Fichtenmonokultur, Weißtannenpflanzung, Holzernte, Borkenkäfer und 85-%-Buchenwald in einigen hundert Jahren ein paar Wanderlein dazwischen herumspazieren: Das schadet gar nichts.
Rausgehen, begreifen, was Natur alles ist. Und ein wenig aufpassen, dass da nicht nebenbei zu viele Wege zuwachsen. Denn das wäre eine starke Sekundärgefahr. Der Wanderer wird da künftig ein wenig häufiger als bisher eine Säge mitnehmen müssen, denn die Arbeit der Nationalparkverwaltung hat, Stichwort Waldumbau, eine völlig andere Dimension. Sie kann es einfach überhaupt nicht leisten, ständig alle Wege für den naturnahen Sächsischen-Schweiz-Kenner und -Liebhaber profilfreizuschneiden. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung titelte schon vor Jahren: „Eine Handsäge gehört ins Wandergepäck“. Sonst kommt man da irgendwann nicht mehr durch. Freilich hat so eine Handsäge auch nur eine recht kleine Wirkung.
Übrigens: Es ist im Elbsandstein kein Unglück, dass es bei uns viele Wanderer gibt, die die Wege durch ihr Wandern begangen und damit am Leben erhalten. Vielmehr ist dies ein Glück. Viel unglücklicher sind touristisch eher „unterbelichtete“ Wälder à la Dahlener Heide, Dübener Heide, Nochtener Forsten etc. dran. Dort wird sich manch konservativ agierender Forstwirt den Wanderer sehnlichst herbeiwünschen, der das alte, im Zeitalter des Harvesters dem Untergang geweihte Wirtschaftswegenetz durch eine sekundäre Wander-Begangenheit offen halten könnte –wenn es ihn denn nur in wirksamer Anzahl gäbe. Aber wer wandert schon noch durch „langweiligen Flachlandwald“. Wir machen doch alle viel lieber unsere Trekkingtouren in Alaska, Patagonien, Neuseeland oder Indien.
Vergleichsweise ist das Konfliktpotential „Störung“ durch den naturnahen Einzelwanderer ./. naturschutzfachlich „wünschenswerte Flächenberuhigung“ [auch/selbst/gerade] in „hinteren Kernzonenwäldern“ im Elbsandstein als äußerst gering einzuschätzen.
„Leben und Leben lassen“, so Alfred Brehm, „ist die Grundlage eines jeden gesunden Parasitismus“. Wir denken dabei ein wenig an den Borkenkäfer – und an uns selbst. Harmonie und Eintracht sei unser Ziel. Das Spannungsfeld Naturschutz ./. Tourismus ist viel viel schwächer als das Spannungsfeld Borkenkäfer ./. Nadelbaum.
Ich bin auch gespannt auf den „Waldumbau durch den Borkenkäfer“. Einerseits ist die Entwicklung sehr spannend, keiner weiß, wie es ausgehen wird. Positive Effekte könnten z.B. neue Aussichtspunkte sein. Andererseits werden manche Gebiete zwischenzeitlich ziemlich gruselig aussehen und bei „Holzentnahmen“ wahrscheinlich auch mal längerfristig gesperrt sein. Rolf Böhm hat sicher recht, wenn er schreibt: „Da kommt noch gewaltig etwas auf uns zu.“ Es wäre vielleicht sinnvoll, in den betroffenen Gebieten noch ein paar Vorher-Fotos zu machen, damit wir in 10 oder 15 Jahren noch wissen, wie es „damals“ dort aussah. Diese Vergleiche werden sicher auch spannend.
Zum Fichtenjungwuchs teile ich die Bedenken von Andreas P. Nach einer Tour im Sommer 2015 im Gebiet HHD machte ich mir folgende Aufzeichnungen (hier Auszug):
„Dieses Tal ist so intensiv grün, dass es schon regelrecht unwirklich erscheint! … Hier kann man etwas von Wildnis erahnen.
Eine Frage drängt sich allerdings auf: Was wird das für ein Wald, wenn er sich selbst überlassen wird? Das intensive Grün wird zu großen Teilen durch die jungen Fichten mitbestimmt, die überall massenweise hochschießen. Das kann ja eigentlich wieder nur ein Fichtendickicht und später „Fichten-Mono-Wildnis“ werden. Zwar sind zwischendrin auch junge Laubbäume zu erkennen, aber ob die so „glücklich“ werden unter den schnell wachsenden Fichten …? „
Mittlerweile sind die Jungfichten sicher schon so groß, dass eine Bekämpfung mit erheblichem Aufwand verbunden wäre. In welchem Tal ich damals unterwegs war, ist unerheblich, das Problem ist überall das Gleiche! Wo da eines Tages 85% Buchen herkommen sollen, frage ich mich auch ernsthaft!
Zum Schluss möchte ich noch meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass die von Andreas P. angesprochenen Auerhühner (auch die Hähne 🙂 ) wirklich nur durchreisen und nicht länger bleiben. Das würde nur neue Probleme ergeben (bzw. bestehende Probleme verschärfen).
Als Berufsoptimist sehe ich dem Waldumbau aber relativ gelassen entgegen. 🙂
Der Buddhist kommt in 1000 Jahren als wiedergeborener Auerhahn zur Webergrotte . Den könnten wir fragen.
😉
Danke für die fleißige Arbeit
Als was kommen wir denn in 1000 Jahren wieder? Wir müssen ja auch da sein zum Fragen. Hoffentlich nicht als Luchs oder gar als Wolf, sonst Prost Mahlzeit, Auerhahn! 🙂
Oh ja, vielen Dank für die fleißige Zusammenfassung. Ich hatte mir die Datei auch schon runtergeladen, aber einfach nie die Muße zum zerpflücken gefunden.
Ich will mal, weil in den Vorreden wiederholt von 1000 Jahren die Rede war, dazwischenrufen: Nicht bange machen lassen! Wir haben die letzten tausend Jahre auch schon in viel kürzerer Zeit überstanden und so sehe ich der tausendjährigen Waldentwicklung ganz zuversichtlich entgegen. Ich bin auch gegen die Fichtenmonokultur und frage mich seit Jahren, warum man die bösen Fichten nicht „bekämpft“, solange sie noch klein sind und 1 Mann am Tag locker ein paar tausend mit der Sense wegputzen könnte. Statt dessen wird überall Holz „geerntet“ und die Jungfichten überwuchern inzwischen die mühevoll bereits dazwischen gepflanzten Jungbuchen, weil die eben langsamer sind.
Der Borkenkäfer macht endlich mal richtig Betrieb. Das finde ich gut, weil endlich wieder mal die Felsen zu sehen sind und weil die kahlschlagähnlichen Flächen wieder Sonne bekommen, was für die Waldameisen das Paradies wird. Der Artenreichtum wird in Flora und Fauna regelrecht explodieren, das ist ganz gewiss, und eventuell bemerken das auch durchreisende Auerhühner und bleiben länger. Die zu befürchtende Erosion wird natürlich zu echten Problemen führen, aber mit etwas Voraussicht kann man da sicher mit baulichen Maßnahmen gegenhalten.
Die im Text als Pionierbaum bezeichnete Birke wird es, nebenbei bemerkt, in Zukunft schwerer haben und wir werden sie eventuell weniger häufig sehen als bisher. Denn die Birke kommt zwar schnell und stellt an den Boden keinerlei Ansprüche, aber im letzten Sommer habe ich erst gelernt, dass dieses „Baum-Unkraut“ auf anhaltenden Wassermangel empfindlich reagiert. Da sich die heißen trockenen Sommer im Klimawandel mehren sollen, werden uns wohl viele Birken in höheren wasserfernen Lagen verlassen. Kürzlich bemerkte ich auf den Postelwitzer Halden zahlreiche Birken in erbärmlichem Zustand. Ich denke, die vollsonnige Hanglage war im Sommer zu lange zu trocken. Ich bin gespannt, was da im Frühjahr grün werden wird.
Aber ansonsten trau ich der Natur mehr zu, als die Wissenschaft weiß. Die Zusammenhänge sind so komplex, dass wir heute noch nicht sehen können, was sich da entwickeln wird.
Was ich noch nicht einschätzen kann, das ist die „Arbeit“ des Borkenkäfers. Abgesehen vom Waldsterben (also oben genannte 25% der Fläche), die Fläche ist erst mal der Erosion preisgegeben. Zwar wächst recht schnell Unterholz, doch das ersetzt keinen Wald. Dazu kommt, das bei Sturm ein toter Baum eben auch mal eher umfällt und dann ein relativ großes Loch in den recht dünnen Boden reißt. Ein Baum fällt nicht alleine, schon ist eine ganze Schneise vegetationslos. Ich glaube (aber mir fehlt zugegeben forstwirtschaftliches Wissen), das die Problematik Borkenkäfer zu leicht genommen wird. Klar, in 1000 Jahren ist das egal ob heute oder in 300 Jahren der Käfer wütet. Kann der Forstbetrieb oder die NPV auch nicht sicher sagen. Das jedoch ein nicht zu verachtender Schaden am Gebirge, incl. der Felslandschaft entstehen wird, das ist in meinen Augen sicher. Wie ich schon geschrieben habe, das Thema Erosion…
Der Wanderer muß diese „Umbaumaßnahmen“ hinnehmen, er kann nichts dagegen tun. Außer natürlich, und das liegt uns ja allen am Herzen, die alten Wege zu erhalten. Diese Wege schaden weder dem Wald, noch dem Wildbestand. Sie sind aber ein historisches Bekenntnis an die Entwicklung im Gebirge. Angefangen von der wirtschaftlichen Ausbeutung, vor Jahrhunderten begonnen, bis heute zur sanften touristischen Nutzung.
Gesprächspotential, Erläuterungen und beiderseitiges Verständnis für die jeweiligen Belange, Wünsche und Ziele sind wichtig. Für Touristen, Wanderer, Kletterfreunde, Forstwirtschaft und NPV. Wenn jeder für sich werkelt, nur Gesetze und Verordnungen entsprechend den jeweiligen Zielen erstellt und ausgelegt werden, dann ist das definitiv nicht zielführend! Nicht für die Natur, nicht für den Menschen und gleich gar nicht für das erstrebte Ziel eines anerkannten Nationalparks.
Danke an Rolf für seine Fleißarbeit. Viel habe ich dem nicht hinzuzufügen. Außer vielleicht PnV: Was sich hier einstellen wird, ist heute noch nicht wirklich abzusehen. Jedenfalls nicht der Wald, der vor vielleicht 1000 Jahren mal hier stand. Da Waldentwicklung ebenso wie Klimaentwicklung Jahrhunderte bis Jahrtausende dauert, ist von einer andauernden dynamischen Veränderung der Pflanzen- und Tiergesellschaften auszugehen. Und ob dann wirklich irgendwann mal die 85% Buche stehen werden, die unter den heutigen Bedingungen wachsen würde, glaube ich nicht. Eher Palmen und Kakteen …