OffTopic – (Zehn) Gründe, warum ich hier nur noch selten poste

Die Diskussionen vor einiger Zeit im Chat und aktuell im Mitgliederforum zum Thema „Mitgliederliste“ (können jetzt nicht alle lesen) veranlassen mich nach langer Zeit wieder zu einem kurzen Blogbeitrag.

Kauf im Amazon-ShopDie Überschrift dieses Artikels soll dabei nur eine Adaption des Buchtitels „Zehn Gründe, warum du deine Social Media Accounts sofort löschen musst“ von Jaron Lanier sein. Lanier beschreibt unter anderem, wie fast jeder Nutzer der digitalen Onlinemaschinerie zum Arschloch verkommt. Ja, ich verwende ganz bewusst auch dieses Wort, welches der Autor gebraucht.

Die Sucht nach digitaler Anerkennung in den sozialen Medien – unser Forum gehört im weitesten Sinne dazu – treibt schon seltsame Blüten. Immer mehr „likes“ und positive Kommentare will – nein muss – ich auf meine Beiträge bekommen, sonst fühle ich mich nicht mehr wohl. Und immer muss ich meine Meinung zu irgendetwas sagen. Wenn mir etwas nicht passt, werde ich zum Troll, beleidige und verunglimpfe diejenigen, die entweder nicht meiner Meinung sind oder die ich jetzt einfach mal beschimpfen muss. Dieser Trieb sitzt ganz offenbar in jedem Menschen tief drin. Ich habe mich selbst schon erwischt, dass ich zum Troll werden wollte und schnell und verschämt meinen eigenen Beitrag wieder gelöscht. Damit Letztgenanntes nicht wieder passiert, habe ich mich entschlossen, meine Meinung nicht mehr überall auszuposaunen und es einfach dabei bewenden zu lassen, wenn mir jemand digital in die Magengrube tritt. Von vielen Social Media Accounts musste ich mich nicht trennen, da ich nur auf wenigen präsent bin. Meinen Blog betreibe ich seit letztem Jahr sehr sparsam (ganz bewusst nur noch einen Beitrag pro Monat) und meine Website ist temporär eingefroren.

Ich will hier niemandem Ratschläge erteilen und keinesfalls dazu auffordern, nicht mehr zu schreiben, sondern einfach dazu animieren, darüber nachzudenken, ob „Meinungen“ in dieser Form jetzt wirklich und in dieser Form gepostet werden müssen. Die Gesprächskultur wieder aufleben zu lassen, könnte vielleicht helfen, den Troll, der in jedem zu stecken scheint, zu besiegen. Oder zumindest in Schach zu halten.

Zehn Gründe konnte ich nicht aufzählen, weshalb ich hier nur noch selten poste. Die finden sich aber in jenem Buch von Jaron Lanier. Nach dem Lesen muss man auch nicht unbedingt die Meinung Laniers teilen…

3 Gedanken zu „OffTopic – (Zehn) Gründe, warum ich hier nur noch selten poste

  1. Das Leben besteht nicht immer nur aus Rückzug. Je weiter man sich entfernt, je weniger man beiträgt, desto einsamer wird es. Ganz extrem auf die Spitze getrieben: Wenn keiner mehr was schreibt, so gibts keine Foren mehr.

    Aber ich muß dir auch vollkommen Recht geben. Diese Trollerei, diese Sturheit beim Vertreten einer (nicht mal eigenen) Meinung, dieses bewußte Provozieren, das nervt. Manche Menschen scheinen allen Sinn für Sachlichkeit und/oder Höflichkeit verloren zu haben. Es geht denen nicht um Lösung einer Meinungsverschiedenheit, nicht um eine Klärung eines Problems. Sie “brauchen” Party, sinnfreies Gequatsche, persönliche Bespaßung.

    Und schon bin ich wieder beim oberen Absatz. Die (vernünftigen) Menschen ziehen sich zurück. Es wird einsamer…

    Alles in Allem ist das ein herangezüchtetes gesellschaftliches Problem. Ein dummes Volk regiert sich besser. Oder anders: Wo Streit ist, da ist kein Platz für Vernunft. Wo die Unvernunft regiert, kann es keine gemeinsame Meinung geben. Wo keine Meinung entsteht, macht jeder was er will. Und dann? Ja – dann wirds einsam…

    • Lanier hat sich schon immer als Kritiker der Netzkultur hervorgetan. Er kritisiert z.B., dass Verschwörungstheorien oft im Netz unwidersprochen stehen blieben. Und da kann man ihm nur recht geben, denn man kann es leider allzu oft sehen, dass einige ohne diese scheinbar gar nicht mehr auskommen können.

  2. Das hast du vollkommen richtig so gemacht. Man muß nicht überall mitmachen, schon gar nicht, wenn man dabei noch belegt wird. “Ich befürchte mit der Digitalisierung aller Lebensbereiche einen Verlust an Freiheit. Das Mehr an Effizienz, Sicherheit und Tempo dabei wird aufgewogen durch ein Weniger an Lebensqualität, Demokratie und Menschlichkeit.” (Reinhold Messner)

Schreibe einen Kommentar