Baumartenstreit im Nationalpark (2) – die Datenlage

Wie versprochen habe ich ein wenig im Internet recherchiert und bin auf einige interessante Beiträge zum Thema Baumarten und Klimawandel gestoßen – allerdings sind diese teilweise nicht ganz aktuell oder undatiert gewesen. Aber sei es erstmal drum … aus zweien möchte ich hier Auszüge darstellen.

Die erste Untersuchung stammt aus heimatlichen Gefilden von Prof. A. Roloff und B. Grundmann aus Tharandt, verfasst bereits 2008. Angereichert mit ein paar Daten aus der Schriftenreihe des NP.

Hier wurden zum einen Frostresistenz (Winter- und Spätfröste) und zum anderen Trockenresistenz untersucht. Letzteres braucht ja nicht näher erläutert zu werden; Frostresistenz ist aber ebenfalls wichtig, da in unseren Breiten auch künftig durchaus noch Fröste zu erwarten sind, wenn auch vielleicht nur noch selten – aber ein Zitronenbäumchen würde wohl auch einen Nachtfrost von -5°C nicht überstehen. Besonders empfindlich gegen Winterfrost zeigt sich die mediterrane Flaum-Eiche; gegen Spätfröste ist eine ganze Reihe von Bäumen empfindlich, dazu gehören sogar einheimische Arten wie die Rotbuche, die Weißtanne und die Gemeine Esche sowie z.B. Edel-Kastanie (Marone), Walnuss, Wildapfel und -birne, Zerr-Eiche.
Was sagen unsere einheimischen Hauptbaumarten zu Trockenheit? Die Fichte (Anteil in der Sächsischen Schweiz 1995: 46,2%) ist extrem anfällig, das ist bekannt und inzwischen auch zu sehen. Künftig ist sie wohl nur noch in den Kammlagen der Mittelgebirge und vielleicht in den feuchteren Schlüchten des Elbsandsteins zu finden. Sie wächst normalerweise in Lagen von 1200 bis 1700 Meter bei JN > 1000 mm (!) und eher kühlen Temperaturen. Stiel- und Traubeneiche haben tiefe Pfahlwurzeln und sind deshalb gut an trockene Standorte angepasst – sind aber bislang im Elbsandstein nicht so verbreitet (Anteil: 2,8%). Wegen ihrer Lichtbedürftigkeit haben sie einen deutlichen Wachstumsnachteil gegen Buche und Fichte. Auch die Waldkiefer (Anteil: 14,9%) ist sehr trockentolerant – nicht umsonst wachsen in den deutschen „Sandbüchsen“ vorrangig Kiefern und Eichen. Differenziert muss die Rotbuche (Anteil: 11,8%) gesehen werden. Diese wächst auch derzeit schon bestandsbildend außerhalb ihres Optimums, ein weiteres Vordringen auf trockenwarme Kalkstandorte wird beobachtet. Allerdings kann sie längere Trockenphasen nicht tolerieren – wie letztes Jahr an vielen Standorten zu sehen war (JN > 600 mm erforderlich). Perspektivisch wird sie wohl an schon jetzt trockenen Standorten wieder verschwinden. Die Rotbuche ist vor ca. 5800 Jahren aus Südosteuropa eingewandert und die damit die jüngste „heimische“ Baumart.
Zusatzinfo: weitere Baumanteile: Birke 12,9%, sonst. Laubbäume 3,8%, fremde Laubbäume 1,4%, fremde Nadelbäume 6,2%. Quelle: Der Wald im Nationalpark Sächsische Schweiz, Schriftenreihe Heft 7

Aus der Zusammenfassung möchte ich nun die Arten nennen, die sich für eher trockene Standorte qualifizieren. (Die Einteilung nach Feuchte erfolgte in 4 Stufen, ich erwähne hier nur die beiden trockenen.) Für trockene und sehr trockene Standorte – dazu gehören sicher auch viele Flächen im Elbsandsteingebirge – werden als geeignet bezeichnet: Feld- und Spitzahorn, Sandbirke (Pionierbaum), Hainbuche, alle Kiefernarten, Zitterpappel (Pionierbaum), Vogelkirsche (Pionierbaum), Traubeneiche, Robinie, Mehlbeere, Speierling, Elsbeere und Winterlinde.
Für mäßig frische bis mäßig trockene Standorte werden empfohlen: die gerade genannten + Bergahorn, Europ. Lärche, Zirbel-, Schwarz- und Waldkiefer, Traubenkirsche, Roteiche, alle Sorbus-Arten (Vogelbeere & co), Eibe und Sommerlinde.
(kursiv: europäische Arten, aber nicht in Deutschland beheimatet, unterstrichen: amerikanische Arten)
Es müssten also quasi Fichte, Tanne und Rot-Buche komplett ersetzt werden, mithin 58% aller Bäume …

Die zweite Untersuchung stammt von der Forstlichen Versuchsanstalt Baden-Württemberg aus dem Jahr 2018 – eine Metastudie (Zusammenfassung aus anderen Studien). Hier werden viele Arten, hauptsächlich fremdländische, sehr detailliert beschrieben – ich werde mich nur auf die erwähnten heimischen oder bereits eingebürgerten wichtigen Arten und die wichtigsten Kennzeichen konzentrieren. Vorher aber noch als Anker die Niederschlags- und Temperaturzahlen der Elbsandstein-DWD-Wetterstation Lichtenhain-Mittelndorf:

Zeitraum / Jahr Jahresniederschlag (JN) mm Mitteltemperatur (MT) °C
Referenz 1981-2010 839 8,4
2019 730 (87%) 10,3
2018 479 (57%) 10,35
2017 914 (109%) 9,1
2016 929 (111%) 9,1
2015 751 (89%) 9,9
2014 603 (72%) 10,0

1. Spitz-Ahorn (Acer platanoides), Herkunft eurasiatisch
750-950 mm Jahresniederschlag, Mitteltemperatur von 6,0 … 10,5 °C, Kältetoleranz bis -30 °C, Lichtbaumart, profitiert von Stickstoffeinträgen in den Boden, trockentolerant – bis zu 2 Monaten bei allerdings hoher Luftfeuchte, resistent gegen Sturm- und Schneebruch

2. Sand-Birke, Hänge-Birke (Betula pendula), Herkunft europäisch
anspruchslose Pionierpflanze, JN 400-2000 mm, MT -2 … +13 °C, KT -35°C, benötigt hohe Luftfeuchte und toleriert plötzliche Trockenheit nicht, hohe Sturmanfälligkeit, niedrige Schneebruchanfälligkeit

3. Hainbuche (Weißbuche, Carpinus betulus), Herkunft europäisch
JN 500-1400 mm, MT 5 … 15 °C, KT -30 °C, Halbschattbaum, erträgt lange Trockenheitsphasen, sturmsicher, in belaubtem Zustand aber Schneebruchgefahr; leistet wichtige ökonomische und ökologische Funktionen!

4. Edelkastanie (Echte Kastanie, Marone, Castanea sativa), Herkunft Ost-Mediterran
JN 400-1600 mm, MT 8 … 15 °C, KT -18 °C, Pionierbaumart, wird als wichtige Baumart für den Klimawandel eingeschätzt, ist aber stark pathogengefährdet (schädlingsanfällig) und dürreanfällig, sturmbeständig; wächst z.B. in Hrensko und Dresden

5. Vogelkirsche (Süßkirsche, Prunus avium), Herkunft europäisch
JN 400-1400 mm, MT 5 … 15 °C, KT -29 °C / Hitzetoleranz +41 °C, Pionierbaumart und Edellaubbaum, könnte ebenfalls eine große Rolle in der Zukunft spielen (auch als Bienenweide!), ist trockentolerant, allerdings dann mit Wuchsproblemen, fehlt jetzt schon in Gebieten mit mehr als 3 Trockenmonaten

6. Roteiche (Quercus rubra), Herkunft östl. Nordamerika
JN 760-2030 mm, MT 4 … 16 °C, KT -41 °C, mittlere Schattentoleranz, ist bereits recht lange in Europa eingebürgert und wird als potentielle Art für die Anpassung des Waldes an den Klimawandel angesehen, die Dürretoleranz ist herkunfts- (provenienz-)abhängig recht unterschiedlich, sturmfest außer auf flachgründigen Böden, Schneebruch wird vereinzelt beobachtet,
Zusätzliche Anmerkung: Die Fortpflanzungs- und Ausbreitungsgeschwindigkeit erscheint mir nicht so dramatisch wie vom NP geschildert. Roteichen fruktifizieren erst ab dem 50. Lebensjahr und dann nur alle 2 bis 5 Jahre, die Keimfähigkeit ist mit 1% sehr gering – die meisten Eicheln werden von Tieren gefressen; die Sämlingsmortalität ist hoch durch starken Wildverbiss.

7. Robinie (Robinia pseudoacacia), Herkunft östl. Nordamerika
JN 400-1600 mm, MT 7 … 16 °C, KT -, sehr expansive Art durch Verbreitung über Samen und Wurzeln, sehr anpassungsfähig und anspruchslos, tolerant gegen Hitze und Trockenheit, aber anfällig gegen Sturm- und Schneebruchanfälligkeit

8. Elsbeere (Sorbus torminalis), Herkunft südeuropäisch
JN 700-1500 mm, MT 10 … 17°C, KT -34°C, eine der anpassungsfähigsten Baumarten, kann auf trockenen Standorten mit Rotbuche und Eiche konkurrieren, lichtbedürftig bis schattentolerant, sturmfest, wächst überwiegend auf Kalkstandorten

9. Winter-Linde (Tilia cordata), Herkunft europäisch
JN 700-950 mm, MT 7 … 11,5 °C, KT -45 °C / Hitzetoleranz +44 °C, licht- bis schattentolerant, mittlere Dürretoleranz, sturmfest, wenn belaubt schneebruchgefährdet; gilt als Schlüsselbaumart für die Stabilität und Diversität des Waldes

Kleines Fazit dazu: alle genannten Arten scheinen für das Elbi geeignet zu sein, wenn auch immer „irgendwas“ ist, also nicht ganz passt. Nobody is perfect sozusagen. Als bunt gemischter Wald aber sicher eine gute Lösung, weg von den bisherigen Monokulturen aus Fichte und Rotbuche. Und auch die amerikanische Roteiche kann da mit dabeisein – die Entscheidung, die Rodung des Bestandes nahe Schmilka abzusagen, kann nur hier nur begrüßt werden.

Nachtrag am 12.02.20: Wie ich soeben im Radio gehört hatte und durch eine kurze Internetrecherche bestätigt fand, war die Roteiche (wie auch die Douglasie) früher in Europa heimisch – und zwar vor der Eiszeit (Quartär). Forstleute sprechen deshalb teilweise von einer “Heimholung” dieser beiden Baumarten.

37 Gedanken zu „Baumartenstreit im Nationalpark (2) – die Datenlage

  1. Heute in der SZ-“Patient Wald holt wieder Luft”
    Durch intensive Gegenmaßnahme und ohne Extremwetterereignisse sei es 2020 gelungen, die Borkenkäferwelle zu brechen, so Herr Coordes, der Sprecher des SF von Graupa.
    Seit dem Sturm Herwart im Oktober 2017 verdichteten sich die Rückschläge durch Sturm, Hitze, Dürre, Schneebruch und Käfer zur Dauerkatastrophe mit jeweils fast 2 Mio. Festmeter Schadholz (etwa 85% der Gesamteinschlagmenge), meist zwangsgenutzt, für 30€/FM. Also fast der doppelte Einschlag für nur etwa 1/3 des normalen Ertrages. Jetzt stapeln sich bei Königstein wieder 8 Sortimente gesunden Holzes, für das es trotz wieder steigender Preise auch Käufer gibt. Die Schäden fielen etwas moderater aus, allerdings ist das Niederschlagsdefizit noch lange nicht ausgeglichen.
    Im Bielatal läuft unter dem dienstältesten Förster des Forstbezirkes Bernd Kaiser der Waldumbau seit 1988. Jetzt erscheint in den Fichtenforsten der Nachwuchs aus Buchen, Weißtannen, Douglasien und Eichen durchsetzt auch mit Fichten. In seinem Revier gibt es praktisch keine Kahlstellen. Die Mischung macht es und bildet ein stabiles Waldgerüst. Die Aufgabe wird es sein, diese vielgestaltigen Bestände passgenau zu pflegen. Die Anforderungen dafür seien extrem gestiegen. Oberhalb des Cunnersdorfer Walbades fallen gesunde kräftige Fichten, um Licht für Weißtanne , Buchen und Eichen zu schaffen.
    Die Mischung, das kam in den verschiedenen Artikeln der letzten Zeit einhellig zum Ausdruck, ist wohl der Garant für stabile Wälder.
    Speziell zum Thema Baumartenstreit, es sind die vielfältigen Bedingungen und Standorte im Elbi, da wird man wohl nicht genau von der geeigneten Baumart sprechen können, die hier zukünftig am besten besteht. Das war ja der Ausgangspunkt von Wegewächters Beitrag.

    • Na klar, nur die Mischung ist es, und zwar eine ziemlich breite, die eine gewisse Sicherheit erzeugen kann … die Erkenntnis ist älter als der Klimawandel und ich habe das schon vor 40 Jahren so gehört … da hieß das auch noch gar nicht “Diversität”.

  2. Gestern wieder ein Artikel zum Thema in der SZ. Der Forstprofessor für Waldbau Sven Wagner erforscht in Tharandt das Pflanzen von Bäumen. Dreijährige Buchensetzlinge einzugraben, kostet 10 000€/ha, also versucht er Bucheckern so zu pflanzen, dass die Bäumchen auch gerade, wie von der Holzindustrie gewünscht, wachsen.
    Ob die Buche der Baum der Zukunft ist, weiß er nicht, eher ein Mischwald mit Eiche, Ahorn, Esskastanie u.a.
    Dabei geht es ihm nicht nur um zukünftigen Ertrag, sondern auch um Erlebnisswert, Trinkwasserqualität, Artenvielfalt und nicht zuletzt um Naturschutz.

    • Am Baumartenstreit nehmen viele teil. Heute ein Artikel in der SZ zum jüngsten Waldzustandsbericht, in dem Frau Prof. Kabel vom Lehrstuhl Forstbotanik der TU DD erklärt, wegen des fehlenden Wassers füllen sich die Kapillaren unter der Baumrinde mit Luft, sozusagen eine Embolie und die Kanäle sind dicht.
      Betroffen ihrer Meinung nach sind nun auch Eichen und Birken, obwohl letztere eigentlich Pionierbäume auf den Riffs sind.
      Um die Waldbestände zu stärken, spricht sie von Baumfamilien und wünscht eine hohe innerartliche Diversität, d.h. es sollten möglichst viele nicht eng verwandte Bäume gepflanzt werden……
      Ich sehe da Parallelen zu Wohlleben.
      Weiter fordert sie Zurückhaltung von den Baumpflegern mit der Säge wegen der Schnittwunden und auch Eigenverantwortung der Waldbesucher. In Deutschland herrsche ein sehr starkes Sicherheitsbedürfniss, weswegen Bäume nicht alt würden.
      Sie empfiehlt, bei Wind bzw. Sturm Wälder zu meiden und auch sonst mal einen prüfenden Blick auf unbelaubte Äste oder Kronen zu riskieren und mal lieber einen Bogen zu machen, denn wenn es knackt, sei es oft zu spät.
      Vielleicht ist ja auch die Verkehrssicherungspflicht ausgeartet, im Gegensatz zu unseren Baumbeständen.

  3. diese Woche erschien ein kleiner Beitrag in der SZ.; “Wie der Wald auf Dürre und Schädlinge reagiert”. Da dachte ich so beim lesen an Wegewächters “Baumartenstreit”, der nun trotz aller Mühe ganz unverdient im Nirvana des Netzes schimmelt.
    Forscher des Kompetenzzentrums für Wald und Forstwirtschaft vom SF und Jana Chmieleski von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde bereiten ein umfangreiches Waldmonitoring im Elbi (gr. Tschand und K.tal) vor, mit dem beobachtet werden soll, wie sich der Wald auf natürliche Weise weiterentwickelt und erproben verschiedene Verfahren, wie künftig diese Entwicklung der Waldstruktur erfasst und dokumentiert werden kann.
    Der Zeitpunkt sei genau richtig, da nun nach dem Borkenkäferbefall des bisher dicht geschlossenen schattigen Fichtenbestandes plötzlich auf etlichen kahlen Stellen neues Leben entsteht. Laut SF hätten sich junge Birken, Kiefern, Aspen, Fichten, Vogelbeeren ausgebreitet und auf Teilflächen übernähmen bereits Buchen und Tannen die Funktionen eines neuen jungen Waldes.
    Dem NP käme lt. Ulf Zimmermann wegen seiner hohen Totholzanteile und ungestörter Eigenentwicklung eine besondere Bedeutung zu. Zukünftig würden zu diesen Zwecken regelmäßig Luftbilder und Waldinventuren erstellt.

    Und tatsächlich, ohne jetzt diesen Beitrag und den Wegewächters zu vergleichen, deutlich fand ich die aktuelle Entwicklung oben am Reitsteig (nahe gr. Winterberg) zwischen Lehnsteig und oberem Fremdenweg. Für mich war dieses schnelle Wachstum erfreulich, was für Mstreichers Mordor sicher genau so sein wird, selbst Brombeeren waren dabei und für manche die Erkenntniss, notfalls können es auch amerikanische Roteichen sein.

    Ja und wenn dann noch die Wege freigehalten werden, ach nein das ist nun wirklich ein anderes Thema…..

  4. Gestern war ein schöner Artikel über Förster Andreas Pommer in Eibenstock/Erzgebirge in der SZ-Pirna drin, der ist nominiert für Förster des Jahres.
    Sein Leitfaden:nur artenreiche Lebensräume sind auch stabil“ Er und sein Vorgänger begannen zur Wende mit dem Waldumbau und er sieht die Aufgabe, das ökologische Interesse mit ökonomischen und Erholungszwecken für die Menschen in Einklang zu bringen.
    Weiter sieht er sich als Schiedsrichter für den Ausgleich zwischen konkurrierenden Arten und stellt Wohllebens These, der zufolge Bäume sich beim Wachstum helfen in Frage und „lenkt mit notwendigen Fällungen Ressourcen wie Licht und Wasser“ und schützt mit der Jagd vor Wild. Er lässt Bäume und Büsche pflanzen, leitet Bäche um und lässt auch Holz liegen, als Lebensraum für Pilze und als Wasserspeicher.

  5. Hallo Karsten und Andreas,
    Zum Thema Roteiche, die vorhandene am Winterberg stammt ja aus Amerika, wenn jetzt bekannt ist, dass sie vor der Eiszeit schon mal da war, gab es sie möglicherweise auch schon auf Gondwana (Zusammenhängende Platten), ein Grund mehr, die stehen zu lassen.
    Zum Tschand, laut Familienrat werden sich dort zuerst lichtliebende Sträucher und danach entsprechende Bäume durch flug- und tierverbreitete Sämlinge ansiedeln, da reden wir über 10 bis 100 Jahre, die auch nicht durch gezielte Pflanzung beeinflusst werden sollte. Der Nationalpark ist nicht dafür da, einen Istzustand zu bewahren, sondern nur zur Ermöglichung selbstständiger natürlicher Entwicklung. Wir sollten also mit dem Tschand leben, wie er jetzt aussieht und auch keine Algen pflanzen ?.

    • Jaja, schon richtig und, auch wenn ich es lieber schneller hätte, ich kann die Geduld haben und mich an der Entwicklung freuen.
      Aber der Nationalpark hat doch Pläne für den Umbau. Und zwar, wie sich das für einen richtigen Plan ja auch gehört, mit %-Zahlen für jede Baumart. Und deshalb bleibt wohl die Parole “Natur Natur sein lassen” mindestens für den festgelegten Umbau-Zeitraum (30 Jahre ab Gründung, wenn ich nicht irre) eine leere Worthülse, die sich immer nur mit Realitäten füllt, wenn es darum geht irgendwo etwas bleiben zu lassen, etwas verfallen zu lassen oder nicht wieder zu reparieren usw.

  6. Weil ich ein schneller bin, fiel mir vorige Woche ein, das Töchterchen hat Biodiversität studiert, da kann sie sich das Thema mal anschauen.
    -ich bekam mein Fett weg, weil, wie ich darauf käme, auf gerodeten Flächen (Zschand) würde keine stabile Vielfalt entstehen
    -die Beiträge allgemein sehr plausibel
    -der Beitrag von Karsten sehr beachtenswert, aufwendig und sauber recherchiert samt Schlüssen
    -sie betonte die Anhängerschaft zur Störungsevolution, heißt, die Natur hilft sich selber, da sollte der Mensch sich besonders auch in Nationalparks mit Eingriffen aus seinem momentanen Kenntnissstand zurückhalten
    -warum sollten die Roteichen, auch wenn künstlich eingebracht, nach 200 Jahren gefällt werden, da sie sich offenkundig wohlfühlen und auch weniger Insekten wären besser, wie keine wegen keinem Wald. Und was in hundert Jahren wird, weiß eh keiner genau

    • Aber das ist ja schön, mal so eine fachliche Bestätigung zu hören 🙂 Allerdings muss du nach der Zurechtweisung aber auch nochmal nachfragen, worin die fachlich angekündigte “stabile Vielfalt” denn bestehen könnte, würde.
      Denn wenn das Töchterchen ganz bio-fachlich/sachlich urteilt und nicht ideologisch motiviert ist, dann wird für sie bestimmt auch der natürlich aufwachsende Fichtenwald mit seinen auch jetzt schon vorhandenen Einstreuungen als “Vielfalt” bezeichnet werden und “stabil” im weitesten Sinne ist der Wald ja auch einigermaßen.

      Das wäre eben nur nicht der politisch gewollte Wald und mir wäre da eine vorsichtige Pflanzaktion auch lieber … obwohl ich da nicht ganz auf der Glaubensspur des Försters Wohlleben bin … der seinerseits nämlich mehr auf die Selbsterneuerung vertraut und wohl auch einfach die Geduld hat. Er denkt jedenfalls weit über seine eigene Lebensspanne hinaus und sagt … jetzt wächst auf der Käfer-Sturm-Freifläche zwar erst mal wieder eine Fichtenmehrheit auf, aber dazwischen sind schon viele ganz natürlich angeflogene Laubbaumsämlinge … und nach dem nächsten Käfer-Sturm-Kahl- oder auch nur Lückenschlag kämme dann eine Generation auf, die schon ein echter Mischwald wäre und so weiter und so weiter. Aber da rechnen wir auch gleich mit 200-300 Jahren …. und nicht mit 30 Jahren “Waldumbau” im Nationalpark, der ja dann schon kompletter Wunsch-Naturwald sein sollte.
      Übrigens ist der Kinofilm ganz lehrreich und auch unterhaltsam-kurzweilig. Auch, wenn man die Waldbücher schon gelesen hat. Sehr schöne Naturbilder und ich war ganz verblüfft, als plötzlich der Abspann lief und die fast zwei Stunden schon vorbei waren. Sehenswert, empfehlenswert.

  7. Ich bin gestern den [Zensiert]gratweg gegangen. Auffallend wie auf jeder dieser exponierten Lagen ist die Vielfalt und Lebendigkeit, weil dort wenig gezielt bewirtschaftet wurde. Da stehen und liegen auch verfallene Bäume, aber eben nur ein kleiner Teil. Wenn ich dann auf dem Rückweg den großflächigen Kahlschlag im Zschand sehe, weiß ich, das Humus der liegengebliebenen Bäume wird neues Wachstum ermöglichen. Nur wird dies wegen der großen gleichartigen Fläche vielleicht auch wieder gleichartig ausfallen und eine kommende Kalamität wird wieder großflächig wüten.
    Und das die Bäume in die Schlüchte gefallen sind, sieht man an den Pfaden, die nun über die gefährdeten Hängen verlaufen.

    • Eine kleine Gruppe interessierter Wanderer konnten gestern im großen Zschand und dessen ausgewählten Seitentälern eine interessante Entdeckung machen. Fast alle Fichten sind dürr und käfermorsch. Sie werden in den kommenden Jahren umbrechen und flächenhaft kreuz und quer auf den Hängen und in den Tälern zum Liegen kommen. Erste Verhaue bilden sich schon. Dadurch werden künftig Wanderwege und Kletterzugänge unpassierbar. Am Zschandweg selber wurden 2-3 Meter hohe Stümpfe stehen gelassen, Sicher gedacht herabfallende Bruchstämme vor dem Weg abzufangen.
      Bei feuchtem Klima in den kommenden 20-30 Jahren könnten die Bruchholzhalden das Gelände häßlich gestalten. Wenn es aber, wie in den letzten Jahren, heiß und trocken wird ist eher mit Busch- und Flächenbränden größeren Ausmaßes zu rechnen.
      Schaut Euch das alles bitte selber an. Es ist schlimmer anzuschauen als jedes Foto und schlimmer zu lesen als jedes geschriebene Wort.
      Ich bin gespannt wie der Tourismusverband auf das Tun und Lassen der Nationalparkverantwortlichen reagieren wird.
      Willkommen in Mordor.

      • Schön ist sicher was anderes, als die abgestorbenen Fichten, aber das wird lokal keiner ändern und zum Wege sperren sollte es auch nicht genutzt werden.
        Die 2-3 m hohen Stämme sind „auf den Stock gesetzt“ als Lebensraum für Pilze und Rastplatz für Falke, Uhu und Co.

      • Ich war gestern einer der “Gefährten”, und ich war auch erschüttert, als wir durch den Großen Zschand oberhalb des Zeughauses gingen. Man muss es wirklich selbst sehen, es ist ein Grauen… 🙁
        Es wird wohl in naher Zukunft tatsächlich “flächenhafte Ruhigstellung” von ganzen “Wald”-Gebieten geben. Ganz einfach, weil man zwischen den Stapeln der Mikado-Stäbe nicht mehr durch kommt. Die markierten Wanderwege wird man 30 oder 40 Meter beiderseits des Weges “freischneiden”, so wie im Zschand geschehen. Aber die unmarkierten Wege und die Kletterzugänge sind stark gefährdet.
        Es wird für uns viel zu tun geben …

        • Die notwendigen Fällungen sehen in den Seitenschlüchten allerdings wie gezielter Missbrauch gegen „unmarkierte“ aus, die Flächen sehen ohnehin sehr, sehr traurig aus.
          Ich denke, die Ansichten darüberhinaus sind ähnlich, dennoch bietet sich der Arbeitseinsatz im März besser an, sich gegen den mutmaßlichen Missbrauchs persönlich auszutauschen, da die Ziele der IG nicht denen der NPV gleichen.

          • Ja, das ist vollkommen richtig. Hier “auf dem Silbertablett” sollten wir uns etwas zurückhalten.

  8. Derweil fährt der Sachsenforst seine Kundschaft ( Österreich. Kfz-kennz.) in den Wald, wo die Motorsägen heulen. So sah das im Spätherbst aus, so auch am Montag am Gelobtbach oberhalb Schöna und die Stubben waren schön frisch, eher nicht von Borki geschädigt.

  9. Danke erstmal an alle für euer Lob!
    @spreewolf: Von selbst wird das allerdings nicht so klappen, denn was momentan nachwächst sind doch hauptsächlich Fichten und Buchen. Viele der genannten Arten sind mir bislang im Elbi auch noch nicht wirklich aufgefallen, also möglicherweise nicht (oder nur sehr selten) vorhanden und damit für die Naturverjüngung nicht verfügbar. Prinzipiell habe ich ja nichts gegen die Auffassung, die Natur mal selber machen zu lassen. Das ist für mich Variante 1, und die könnte zu längerem eher kahlen Aussehen des Sandsteins führen (oder zu Birken-Espen-Brombeer-Wäldern). Variante 2 wäre der behutsame und sinnvolle Waldumbau – also nicht auf Buche oder Tanne setzen, sondern auf die oben aufgeführten Arten.
    @Andreas: Tja, die “heimische” Rotbuche … für den Neandertaler waren wir Homo sapiens auch Flüchtlinge, die ihm letztlich den Garaus gemacht haben. Und die Rotbuche den früher hier wachsenden Wäldern, die ist nämlich auch sehr erfolgreich im Verdrängen!
    @Fossil: Da weiß ich noch nicht, wer schneller sein wird – der Klimawandel oder GEVATTER TOD … ich fürchte der erste.

    • @Karsten: Ich habe dein großes Werk erst heute gelesen und bin beeindruckt. Vielen Dank für die vielen interessanten Informationen und die Mühe der Ausarbeitung. Man kann wirklich gespannt sein, wie sich die vielen neu entstandenen und weiterhin entstehenden „Versuchsflächen“ entwickeln werden. Kommt Variante 1 oder Variante 2? Wahrscheinlich Variante 1,05 oder so ähnlich, also eine Mischung von beiden mit starker Verschiebung zu Variante 1.
      Auf jeden Fall werden wir uns relativ kurzfristig an völlig neue Landschaftsbilder gewöhnen müssen. Wir sollten so viele „Vorher“-Bilder wie möglich machen, um in ein paar Jahren noch zu wissen, wie es „früher“ hier aussah.

    • Ja, damit hast du sehr recht und ich würde auch gern einen Teil der Flächen wirklich ganz sich selbst überlassen – obwohl uns die Brombeer-Wälder das Durchkommen eventuell unmöglich machen könnten – aber ich glaube auch, wenn wir auf richtigen Wald nicht 100 Jahre warten wollen, dann müssen wir wohl auch aktiv geeignete Bäume suchen und pflanzen. Da müssen die Verantwortlichen sich zwischen “Prinzipien einhalten” und “Erfolge vorweisen” noch entscheiden … nur gesunde Bäume rausschneiden, die keinen direkten Schaden verursachen, das ist überhaupt keine Option. Jedenfalls unter den momentanen Bedingungen.
      Und ja, da hast du nochmal recht, wenn man weit genug zurückschaut, findet man manche Zusammenhänge, die dann auch zu skurrilen Entscheidungen führen könnten … denn tatsächlich neigt die liebe Buche ja zur Monokulturausbildung … wenn sie denn geeignete Bedingungen vorfindet … man könnte also meine, es sei eine invasive Baumart … müssten wir die nicht bekämpfen? 🙂 … hi hi.
      Man könnte sich da regelrecht hineinspinnen und durchaus logisch begründet die Wiederanpflanzung von Farnbäumen verlangen … oder Moment mal … wir haben ja eigentlich einen Meeresboden zu bepflanzen … also wären Algen- oder Tangwälder angemessen … aber für die ist es ja nun auch zu trocken …. ein Dilemma!

      Und bitte Karsten, nicht übelnehmen. Ist auch nicht böse gemeint, denn du hast ja nur aus den Nationalparkunterlagen zitiert und da wissen wir doch, wenn die die Buche als “Neuzugang” sehen, dann liegt es vielleicht an der verkürzten Sichtweise von solchen “Umwelt-Planern” die ihre Pläne ja auch nur auf der Basis eines willkürlich aus der Geschichtslinie herausgegriffenen Zeitabschnitts aufbauen. Das sind keine wirklichen Forscher, keine Wissenschaftler und nicht mal wirkliche Naturfreunde oder -Schützer. Das sind nur als solche getarnte Gesellschafts- und Naturromantiker, die sich ihre Umwelt so bauen wollen, wie sie es als schön und passend finden und nun behaupten SO müsse richtige Natur sein.

      • Ööööhhh. Ich liebe Brombeeren und auch Heidelbeeren. Ich habe dann Lederhandschuhe und eine Rosenschere mit. Wenn ich mich dann durch die Hecke gefuttert habe könnt Ihr Alle meinen Weg auch gerne weiter benutzen. 😉

        Mmmh, lecker !! 🙂
        Alles wird gut !

  10. Förster Wohlleben meint „der Wald übersteht den Klimawandel, der Mensch…….?
    Wäre schade, auch um Karsten, das war die Horizonterweiterung schlechthin. Zitatauszug Andreas P.

    • Ich werde zitiert aus einem anderen Beitrag und bin verwirrt, weil ich den Bezug zum Thema hier nicht erkenne. Und ich hoffe auch, dass Karsten nun noch nicht sobald vom Klimawandel hinweggerafft wird, denn das Ende der Menschheit ist zwar sicher, aber es wird schon noch etwas dauern 😉
      Ich nehme mal an, du hast nur seine Fleißarbeit mit etwas verzirkelten geratenen Worten würdigen wollen?

      • Das war schon ein bisschen schwarzer Humor, anerkennen wollte ich die Fleißarbeit und gezogenen Erkenntnisse von Karsten, dem ich selbstredend noch ein langes Leben wünsche und ich wollte mich nicht mit fremden Federn schmücken, daher der Verweis auf Dein Zitat zu einem anderen Thema?.

      • Zu meinem vielleicht doofen Kommentar möchte ich noch mal was nachsetzen.
        Karsten hat da eine richtig gute Arbeit abgeliefert, bringt uns zur Beschäftigung mit diesem wichtigen Thema, damit auch zum Anliegen der IG und stellt uns öffentlich überaus positiv dar. Das kann man gar nicht genug würdigen.

    • Sag ich doch. Vermeintliche Fachleute streiten mit wirklichen Fachleuten und selbst unter diesen gibt es verschiedene Meinungen, was aber auch natürlich ist.
      Unnatürlich ist eben nur, dass in unserer NPV, wie in Naturschützerkreisen überhaupt recht verbreitet, Ideologen meinungsbestimmend sind. Und solche fragen eben nicht nach der Eignung und den Ansprüchen bestimmter Pflanzen und Standorte, sondern wollen einfach die “Fremden” weghaben, weil sie in ihr Wunschumweltbild nicht hineinpassen und deshalb nicht Teil des Umweltumgestaltungsplanes sind.
      Im Harz sind die Entscheider vielleicht weniger verbohrt und probieren lieber mal aus, was die größeren Überlebenschancen hat.
      Mit erscheint so ein Verhalten vernünftiger.

  11. Na, Karsten, das Thema hat dich beschäftigt. Das sieht man und man dankt. Und auch schön sichtbar wird die Undurchsichtigkeit der ganzen Sache, denn wie du schon sagst, irgendwas ist immer und hier bedeutet es, die bestens geeigneten Bäume sind oft mit Eigenschaften behaftet, die man nicht haben möchte. Von der Robinie wissen wir schon, dass sie zwar auf Sand mit Wärme und wenig Wasser prima zurecht kommt, aber sich eben auch extrem ausbreitet und dabei viele andere Pflanzen verdrängt.
    Und was auch klar wird, die sogenannten Umbaupläne, für deutsche Wälder im Allgemeinen, wie im Nationalpark im Besonderen, erweisen sich doch von der Realität als längst überholt und der deutsche Wunschbaum, die Buche, versagt bei den aktuellen Klimadaten flächendeckend.
    Aber du darfst die Daten vom Nationalpark nicht ungeprüft übernehmen, wie sich wieder mal zeigt, denn die Buche ist nun wirklich kein “neuer” Baum. Ein Kontrollblick ins Wikipedia benennt die Buche als durchaus heimisch. Zitat: “Rotbuchenreiche Laubmischwälder werden als die potenzielle natürliche Vegetation großer Teile Mitteleuropas angesehen.” und zurückgekehrt ist sie tatsächlich aus südlichen Gefilden vor ca. 5.000 Jahren, aber erst, nachdem sie vorher von der letzten Eiszeit aus unseren Breiten verdrängt worden war.

    Aber wie oft gesagt – es bleibt spannend und ich würde ein paar Kastanien- und Walnussbäume im Wald durchaus begrüßen. Und nebenbei bemerkt, in den letzten beiden Herbsten hatte ich einige Hände voll Wal- und Haselnüsse (einheimischer Herkunft) in diversen Felsennischen verteilt. Hauptsächlich als Überlebenshilfe für Hörnchen und Siebenschläfer, weil es hieß, dass sie in den trockenen Sommern recht wenig Nahrung fänden und Gefahr laufen, sich zu wenig Winterspeck anfuttern zu können – vielleicht keimt auch die eine oder andere versteckte Nuss.

  12. Interessant ! Vielen Dank Karsten für die fleißige Arbeit.
    Wird die NPV die Kapazitäten entwickeln und aktiv ca. 50 % des Waldes “umbauen” ? Ich denke da wird sich die Natur ganz unkompliziert selber helfen. Junge Bäumchen stehen ja auf vielen Flächen in den Startlöchern. Wo nicht, da wachsen eben erst einmal Lupine, Fingerhut und Birke und jegliches Gebüsch. Hauptsache es piept, summt und zwitschert im Gesträuch. 🙂

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