Forsttechnik kontra Naturschutz? Geführte Exkursion am Fritschenstein

Am Donnerstag wurde in den lokalen Medien darüber berichtet, dass ab September wieder größere “Pflegemaßnahmen” in Form von Holzfäll-Aktionen im Territorium des Nationalparks Sächsische Schweiz zu erwarten sind. Seit ca. 2 Wochen ist vor allem das Gebiet am Fritschenstein bei Porschdorf Ziel einer großflächigen Holzentnahme mit schweren Gerät. Da sich Kritik von Wanderern, Naturfreunden und Medien in den letzten Monaten mehrten, was die Sensibilität derartiger Einsätze angeht, wurde am heutigen 27.09. zu einer öffentlichen Exkursion eingeladen.

Ein derartiger Dialog ist ohne Frage als ein positives Signal zu werten. Die Nationalparkverwaltung stellte die Veranstaltung unter das Leitthema: “Forsttechnik kontra Naturschutz?”

Herr Schneider erklärt Arbeitsweise des Harvesters

Herr Schneider erklärt Arbeitsweise des Harvesters

Mit ca. 25 Personen war die Exkursion überraschend gut besucht. Herr Dr. Butter leitete die Exkursion und wurde vom Revierförster Herrn Wagner und Herr Schneider (Leiter Maschinenstation Königstein/Sachsenforst) unterstützt. Die Waldarbeiten waren in vollem Gange, und so konnte man an 3 Stationen die verschiedenen Baumfällarbeiten begutachten. Das Waldareal ist aufgrund der Arbeiten vom 01.09.-31.10.2014 für Wanderer gesperrt. Vorgeführt wurde ein Harvester bei der Holzentnahme und ein Forwarder beim zuladen und Abtransport der Stämme.
Aufgrund der nassen Witterung der letzten Wochen ergibt sich ein grausiges Bild. Überall Schlamm und Reissig. Doch während der Arbeiten ist das wohl Normalität.
Ziel: Die Fichtenmonokultur soll ausgedünnt werden, und ein natürlicher Mischwaldbestand soll sich etablieren. Darüber hinaus hat ein starkes Gewitter mit Hagel und Sturm im Juli den Baumbestand geschwächt und für Borkenkäfer anfällig gemacht. In diesem Gebiet soll es der letzte große menschliche Eingriff sein. Bis 2020 soll das Gebiet in die Ruhezone A überführt werden, wo heute schon – bis auf Ausnahmefälle – keine menschlichen Eingriffe vorgenommen werden.

Leiter des Nationalparks, Herr Dr. Butter

Leiter des Nationalparks, Herr Dr. Butter

Trotz aller Bemühungen, im Rahmen seiner Möglichkeiten schonend bei der Holzentnahme zu verfahren, werden vor allem die Wege südlich des Fritschensteins in Mitleidenschaft gezogen. Bodenverdichtung und künstliche Verbreiterungen werden lange sichtbar sein.
Es ist klar ersichtlich – und letzlich musste es auch Herr Dr. Butter im kurzen Gespräch zugeben, dass wirtschaftliche Interessen ihn und die NPV unter Zugzwang setzen. Man kann eben nicht variabel auf Wetterlagen reagieren und die Arbeiten auf eine trockenere Periode bestenfalls mit gefrorenen Boden im Winter verlegen. Es müssen ja woanders auch noch “Waldpflegemaßnahmen” vorgenommen werden, und im März beginnt wieder die Brutzeit der Vögel, der Korridor ist also kurz…

Vielleicht sind die von oben vorgegebenen Ziele auch zu ehrgeizig gesetzt, die komplette Nationalparkfläche bis 2020/2030 naturnah umzugestalten. Neben dieser Planerfüllung tuen finanzielle Abhängigkeiten das übrige hinzu; und so müssen sich Wanderer und Naturfreunde an zeitweise extrem zerfahrenenen Waldwegen gewöhnen…

Mein persönliches Fazit der Exkursion: Interessanter Einblick in die sogenannten “Waldpflegemaßnahmen” des Nationalparks und eine heute etwas offenere Auseinandersetzung mit der unschönen Seite dieser Holzfällungen von Seiten der NPV und Sachsenforst. Letztgenannte sind eben auch nur ausführende Gewalt.
Kritik wurde ausdrücklich gewünscht und auch von meiner Seite geäußert, da ich die derzeitige nasse Witterung für völlig ungeeignet halte, dort solche gravierenden Forstarbeiten durchzuführen. Augenscheinlich ist die NPV aber der falsche Adressat für diese Kritik. An wen soll sich der normale Bürger aber sonst wenden?

Ein Gedanke zu „Forsttechnik kontra Naturschutz? Geführte Exkursion am Fritschenstein

  1. Danke an Markus für den schnellen und informativen Beitrag.
    An wen die Kritik zu richten ist, ist ja wohl klar: an den Staatsbetrieb Sachsenforst als “Vorgesetzten” des Nationalparkes bzw. an die Politik in Form des Umweltministers!

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